Nur Calcit - ohne Begleitmineralien; eine erloschene
Fundstelle.
von Joachim Lorenz, Karlstein a. Main
Die Baustelle nördlich des Möbelhauses Spilger (jetzt XXXLutz),
in dem ehemaligen Steinbruch. Hier wurde größtenteils das
Haldenmaterial des einstigen
Steinbruchs gebrochen und abgefahren,
aufgenommen am 18.07.2006.
Calcit aus Obernburg.
Um die ehemals römische Stadt Obernburg gibt es eine
ganze Reihe von Steinbrüchen. In diesen wurde der Sandstein
des Buntsandsteins als "Mainsandstein" (Miltenberger
Sandstein, Dickbanksandstein der Calvörde-Formation - OKRUSCH
et al. 2011:231) abgebaut. Römische Steingewinnungsspuren sind
nach meinem Kenntnisstand nicht mehr erhalten, denn der
intensive Abbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hat diese
Spuren mit getilgt. Und die römischen Steinbrüche dürften
heute im Stadtgebiet überbaut sein. Außerhalb liegen einige,
heute fast unzugänglichen Steinbrüche, weil die Botanik diese
lange nicht mehr genutzten Gelände zurück erobert hat. Zu den
Steinbrücken für eine Werksteingewinnung gehören sehr große
Halden, die beim Abbau der Felsen angefallen sind. Bei einer
Werksteingewinnung im Sandstein kann man davon ausgehen, dass
etwa 50 % des Materials infolge von natürlichen Klüften, der
Verwitterung, infolge von Einschlüssen wie Tonklasten,
Bleichungen, aber auch der darüber liegende
Verwitterungsschutt, usw. nicht verwandt werden kann und auf
Halden gekippt werden müssen.
- Die Spaltenfüllungen aus Calcit sind wohl quartäre Bildungen des Kalkgehaltes aus dem den Sandstein überlagerten Löss; dieser kann Mächtigkeiten von mehreren Metern erreichen. Solche Kalksinter wurden insbesondere in den Warmzeiten des Pleistozäns gebildet, wohl zuletzt in der Eem-Warmzeit. Die Klüfte und Spalten erreichen bis zu 30 cm Mächtigkeit. Der hier beschriebene Calcit fluoresziert unter UV-Licht intensiv weiß. Die Spaltenfüllungen bestehen aus einem gelblichen Kalksinter. Dieser wurde zum größten Teil unter Wasser abgeschieden, weshalb auch typische Tropfsteine fehlen.
- Viele plattigen Calcit-Aggregate sind entstanden, als der Wasserstand in der Spalten tief stand und die Konzentration von Ca-Ionen so hoch war, dass sich Calcit-Krusten schwimmend auf dem Wasser gebildet haben; dies kennt man auch aus Höhlen. Als die zu schwer wurden, sanken die ab und bilden brettstapelförmige Massen, die aber aufgrund der Fragilität schwer zu bergen waren.
- Da in den Spaltenfüllungen keine Fossilien gefunden wurden, war das Kluftsystem während der Abscheidung des Calcits geschlossen, also ohne Öffnung nach Außen.
- In machen Spalten und Klüften wurde der Calcit so lange gebildet, bis die ganze Kluft damit ausgefüllt war; es entstand Kalksinter, den man in dem Fall auch als Travertin ansprechen kann. Mit eingeschlossene Lösspartikel färben den Calcit braun. Belege oder Hinweise für eine hydrothermale Bildung sind nicht bekannt.
- Die Spaltenfüllungen konnten ausschließlich in den oberen Bereichen der Steinbrüche angetroffen werden. Dies kann damit begründet werden, dass der Sandstein leicht nach Osten - hier gegen den Main - einfällt und es infolge vom Hangkriechen bevorzugt zur Kluftbildung kommt, die sich aufgrund der steilen Hänge noch verstärken. Bei Kleinheubach sind gegenwärtig geologisch junge Hangrutschungen als Bergstürze bekannt. Grundsätzlich besteht auch in Obernburg ein Risiko für Bergstürze.
- Entgegen mündlich vorgetragener Vermutungen, konnte kein Aragonit nachgewiesen werden! Der einst von Walter NARR(†) aus Heigenbrücken geschliffen vertriebene "Spessart-Onyx" stammt wohl von hier.
Lattige, igelig angeordnete Calcit-Kristalle in einem Hohlraum; Bildbreite 13 cm. |
Skalenoedrische Calcit-Kristalle, überkrustet von einer 2. Generation von Calcit-Kristallen; Bildbreite 7 cm. |
Rundliche Calcit-Aggregate als Überkrustungen von herab gefallenen Calcit-Scheiben, die im Kern weiß und außen braun sind; Bildbreite 13 cm. |
Überkrustungen von gelblichem Calcit in nadeliger Ausbildung in einer etwa 7 cm dicken Spaltenfüllung im Sandstein; Bildbreite 10 cm. |
Die Salbänder im Miltenberger Sandstein mit seiner auffälligen hellen Flammung sind kaum ausgeprägt, also der Calcit aus kaltem Wasser ausgeschieden und so ist bei der Bergung eine dünne Lage des Sandsteins mit abgegangen; Bildbreite 17 cm. |
Solche horizontalen Plattenstapel aus dünnen Calcit-Aggregaten sind später mit einem grobkristallinen Calcit überkrustet worden; Bildbreite 14 cm. Frische, Calcit führende Klüfte waren auf der Baustelle im Jahr 2006 leider nicht frei gelegt worden. Es fanden sich einige Calcit-Brocken im Abraum, die aber sehr schwer zu reinigen waren. |
Im Tiefsten der Druse liegen dünne Calcit-Plättchen über den skalenoedrischen Kristallen und sind mit einem lössreichen Calcit-fixiert worden. Darüber die am Rand gewachsenen Calcit-Igel; Bildbreite 16 cm. |
Der Sandstein im Steinbruch am Parkplatz war lagenweise reich an Wellenrippeln; Länge das Geologenhammers 32 cm, aufgenommen am 18.07.2006. |
Die Zwischenmittel bestehen aus einem tonreichen Samdstein, der horizontale Bleichungsfelder ausweist. Länge das Geologenhammers 32 cm, aufgenommen am 18.07.2006. |
Allseitig von kleinen Calcit-Kristallen überkrustete Platten aus dünnen, gelblichen Calcit-Kristallen können durchscheinend für Licht sein; Bildbreite 9 cm. |
Kegelförmige, weißliche Calcit-Aggregate aus kleinen Calcit-Kristallen; Bildbreite 10 cm. |
Rundliche, nieren- bis bumenkohlartige, braune Calcit-Kristalle sind nicht selten in den Spalten auskristallisiert. Sie besitzen innenen einen radialstrahligen Aufbau und sind von einem Rasen aus kleinsten Calcit-Kristallen überkrustet. Dies sind Bildungen, die unter stehendem Wasser entstanden; Bildbreite 12 cm. |
Ein Steinbruch befindet sich am nördlichen Ortsende von
Obernburg, am Osthang des Mainhöllenberges, in
Richtung Niedernberg, hinter dem Möbelhaus "Wohncenter
Spilger" (heute XXXLutz, TK 6120 Obernburg, R 1095 H 2406).
Wie die historischen Karten zeigen, bestand hier noch in den
1850er Jahren kein Abbau. Der Steinbruch ist wahrscheinlich
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts angelegt worden
und stand aufgrund der Größe längere Zeit im Abbau. Die
Rohblöcke wurden im Steinbruch sortiert und dann an das
Mainufer gebracht, wo man diese für die Baustellen
bearbeitete. Anschließend wurde sie vorzugsweise mit dem
Schiff auf dem Main transportiert.
Ich war erstmals am 25.08.1972 dort und suchte nach Calcit.
Der ehemalige Steinbruch wurde um 1976 zum Bau der
Umgehungsstraße (B 469) erneut aufgefahren, ist jedoch
inzwischen sehr stark verwachsen und im Sommer nahezu
unzugänglich. Beiderseits des Steinbruches sind noch Reste von
Terrassen für den einstigen Weinbau zu erkennen.
Im Frühjahr 2000 wurde das östliche Gelände wieder abgetragen,
da man den Parkplatz der Fa. Spilger (Möbelhändler)
vergrößerte. Calcite oder andere Mineralien waren nicht zu
finden. Die schlammigen Massen bestanden ausschließlich aus
Buntsandstein-Blöcken und Abraum aus dem früheren Steinbruch.
Der Steinbruch ist vom Parkplatz des Möbelhauses infolge der
steilen Böschung schwer erreichbar und weiter oben infolge des
dichten Bewuchses aus Bäumen, Büschen und Brombeeren kaum
begehbar. Von den größeren Massen aus dem schönen Kalksinter
ist nichts mehr zu sehen.
Im Frühjahr bis in den Sommer 2006 wurde erneut sehr viel
Material für die Straße südlich Obernburg und dann für ein
Baugebiet in Leidersbach abgefahren.
Links:
Für eine Werksteingewinnung ungeeignete Steine als blockige
Halde am Rand des Steinbruchs;
aufgenommen am 1.4.2006.
Rechts:
Nur in den höchsten Orten ist noch stark geklüfteter
Sandstein der Bruchwand zu erkennen;
aufgenommen am 1.4.2006.
Diese Fundstelle mit dem aufgelassenen Steinbruch am
Bäckersberg südlich von Obernburg ist mit der nördlich
von Obernburg nahezu identisch - was die Calcit-Bildung
angeht. Die Gangfüllungen aus Calcit wurden von Erich
RITTER(†) aus Wörth am Main um 1970 entdeckt und etwa 1 Jahr
lang ausgebeutet. Dabei half der Sohn DIETER und Ferdinand
BEISLER(†) aus Glattbach. Der Fund verbreitete sich sehr
schnell, so dass später weitere Sammler dort suchten und sie
gewannen schöne Belegstücke aus Calcite mit den Kristallrasen.
Die ersten Handstücke wurden auf der ersten Aschaffenburger
Mineralienbörse in der TVA-Halle angeboten; ich kam damals zu
spät, denn die Fundstelle war weitgehend ausgeräumt. Die
geborgenen Stücke reichen von wenigen cm bis hin zu 50 x 50 cm
Größe, die dann in den Garten gelegt wurden und inzwischen
verwittert sind. Leider wurden seinerzeit keine Fotos von der
Fundstelle angefertigt.
Solche Calcite kann man heute nicht mehr finden,
sondern sie gelangen nur in den Kreislauf, wenn Nachlässe von
Mineraliensammlern verkauft oder vererbt werden. Eine
Gelegenheit ergäbe sich, wenn für Baumaßnahmen wieder
Calcit-führende Klüfte angeschnitten werden würden. Dies ist
nach dem gegenwärtigen Stand eher unwahrscheinlich.
Literatur:
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz [Hrsg.]
(1967): Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern Band 8
Miltenberg · Amorbach · Obernburg · Aschaffenburg · Seligenstadt.-
208 S., zahlreiche SW-Abb., Zeichnungen und Karten, 1 lose
gefaltete Beilage [Verlag Philipp von Zabern] Mainz am Rhein.
LORENZ, J. mit Beiträgen von M. OKRUSCH, G. GEYER, J. JUNG, G.
HIMMELSBACH & C. DIETL (2010): Spessartsteine. Spessartin,
Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende Geologie und
Mineralogie des Spessarts. Geographische, geologische,
petrographische, mineralogische und bergbaukundliche Einsichten in
ein deutsches Mittelgebirge.- s. S. 309, 317.
OKRUSCH, M., GEYER, G. & LORENZ, J. (2011):
Spessart. Geologische Entwicklung und Struktur, Gesteine und
Minerale.- 2. Aufl., Sammlung Geologischer Führer Band 106, VIII,
368 Seiten, 103 größtenteils farbige Abbildungen, 2 farbige
geologische Karten (43 x 30 cm) [Gebrüder Borntraeger]
Stuttgart.
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