Nur Calcit - ohne Begleitmineralien; eine erloschene
Fundstelle.
von Joachim Lorenz, Karlstein a. Main
Die Baustelle nördlich des Möbelhauses Spilger (seit November
2024 XXXLutz), in dem ehemaligen Steinbruch. Hier wurde
größtenteils das Haldenmaterial
des einstigen Steinbruchs gebrochen und abgefahren;
aufgenommen am 18.07.2006.
Calcit aus Obernburg.
Um die ehemals römische Stadt Obernburg gibt es eine
ganze Reihe von Steinbrüchen. In diesen wurde der Sandstein
des Buntsandsteins als "Mainsandstein" (Miltenberger
Sandstein, Dickbanksandstein der Calvörde-Formation - OKRUSCH
et al. 2011:231) abgebaut. Römische Steingewinnungsspuren sind
nach meinem Kenntnisstand nicht mehr erhalten, denn der
intensive Abbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hat diese
Spuren mit getilgt. Und die römischen Steinbrüche dürften
heute im Stadtgebiet überbaut sein.
Außerhalb liegen einige, heute fast unzugänglichen
Steinbrüche, weil die Botanik diese lange nicht mehr genutzten
Gelände zurück erobert hat. Zu den Steinbrücken für eine
Werksteingewinnung gehören sehr große Halden, die beim Abbau
der Felsen angefallen sind. Bei einer Werksteingewinnung im
Sandstein kann man davon ausgehen, dass etwa 50 % des
Materials infolge von natürlichen Klüften, der Verwitterung,
infolge von Einschlüssen wie Tonklasten, Bleichungen, aber
auch der darüber liegende Verwitterungsschutt, usw. nicht
verwandt werden kann und auf Halden gekippt werden müssen.
- Die Spaltenfüllungen aus Calcit sind wohl quartäre Bildungen des Kalkgehaltes aus dem den Sandstein überlagerten Löss; dieser kann Mächtigkeiten von mehreren Metern erreichen. Solche Kalksinter wurden insbesondere in den Warmzeiten des Pleistozäns gebildet, wohl zuletzt in der Eem-Warmzeit. Die Klüfte und Spalten erreichen bis zu 30 cm Mächtigkeit (Breite) und man kann dies als Travertin bezeichnen (siehe Abb. des großen Stückes oben). Der hier beschriebene Calcit fluoresziert unter UV-Licht intensiv weiß und zeigt eine ausgeprägt Phosphoreszenz (Nachleuchten). Die Spaltenfüllungen bestehen aus einem gelblichen Kalksinter. Dieser wurde zum größten Teil unter Wasser abgeschieden, weshalb auch typische Tropfsteine meist fehlen.
- Viele plattigen Calcit-Aggregate sind entstanden, als der Wasserstand in der Spalten tief stand und die Konzentration von Ca-Ionen so hoch war, dass sich Calcit-Krusten schwimmend auf dem Wasser gebildet haben; dies kennt man auch aus Höhlen. Als die zu schwer wurden, sanken die ab und bilden brettstapelförmige Massen, die aber aufgrund der Fragilität schwer zu bergen waren.
- Da in den Spaltenfüllungen keine Fossilien gefunden wurden, war das Kluftsystem während der Abscheidung des Calcits geschlossen, also ohne Öffnung nach Außen.
- In machen Spalten und Klüften wurde der Calcit so lange gebildet, bis die ganze Kluft damit ausgefüllt war; es entstand Kalksinter, den man in dem Fall auch als Travertin ansprechen kann. Mit eingeschlossene Lösspartikel färben den Calcit mehr oder minder braun. Belege oder Hinweise für eine hydrothermale Bildung sind nicht bekannt.
- Die Spaltenfüllungen konnten ausschließlich in den oberen Bereichen der Steinbrüche angetroffen werden. Dies kann damit begründet werden, dass der Sandstein leicht nach Osten - hier gegen den Main - einfällt und es infolge vom Hangkriechen bevorzugt zur Kluftbildung kommt, die sich aufgrund der steilen Hänge noch verstärken. Bei Kleinheubach sind gegenwärtig geologisch junge Hangrutschungen als Bergstürze bekannt. Grundsätzlich besteht auch in Obernburg ein Risiko für Bergstürze.
- Entgegen mündlich vorgetragener Vermutungen, konnte bisher kein Aragonit nachgewiesen werden! Der einst von Walter NARR(†) aus Heigenbrücken geschliffen vertriebene "Spessart-Onyx" stammt wohl von hier - siehe Abb. oben.
Lattige, igelig angeordnete Calcit-Kristalle in einem Hohlraum; Bildbreite 13 cm. |
Skalenoedrische Calcit-Kristalle, überkrustet von einer 2. Generation von Calcit-Kristallen; Bildbreite 7 cm. |
Rundliche Calcit-Aggregate als Überkrustungen von herab gefallenen Calcit-Scheiben, die im Kern weiß und außen braun sind; Bildbreite 13 cm. |
Überkrustungen von gelblichem Calcit in nadeliger Ausbildung in einer etwa 7 cm dicken Spaltenfüllung im Sandstein; Bildbreite 10 cm. |
Die Salbänder im Miltenberger Sandstein ("Mainsandstein") mit seiner auffälligen hellen Flammung sind kaum ausgeprägt, also der Calcit aus kaltem Wasser ausgeschieden und so ist bei der Bergung eine dünne Lage des Sandsteins mit abgegangen; Bildbreite 17 cm. |
Solche horizontalen Plattenstapel aus dünnen Calcit-Aggregaten sind später mit einem grobkristallinen Calcit überkrustet worden; Bildbreite 14 cm. Frische, Calcit führende Klüfte waren auf der Baustelle im Jahr 2006 leider nicht frei gelegt worden. Es fanden sich einige Calcit-Brocken im Abraum, die aber sehr schwer zu reinigen waren. |
Im Tiefsten der Druse liegen dünne Calcit-Plättchen über den skalenoedrischen Kristallen und sind mit einem lössreichen Calcit-fixiert worden. Darüber die am Rand gewachsenen Calcit-Igel; Bildbreite 16 cm. |
Der Sandstein im Steinbruch am Parkplatz war lagenweise reich an Wellenrippeln; Länge das Geologenhammers 32 cm, aufgenommen am 18.07.2006. |
Die Zwischenmittel zwischen den dicken Sandstein-Bänken bestehen aus einem tonreichen Samdstein, der horizontale Bleichungsfelder ausweist. Länge das Geologenhammers 32 cm, aufgenommen am 18.07.2006. |
Allseitig von kleinen Calcit-Kristallen überkrustete Platten aus dünnen, gelblichen Calcit-Kristallen können durchscheinend für Licht sein; Bildbreite 9 cm. Solche Platten bildeten sich schwimmend auf dem Wasser und wenn diese zu schwer wurden, sanken sie auf den Grund. |
Kegelförmige, weißliche Calcit-Aggregate aus kleinen Calcit-Kristallen. Im Anstehenden hingen die Kristallbüschel von der Platte nach unten ins Wasser; Bildbreite 10 cm. |
Rundliche, nieren- bis bumenkohlartige, braune Calcit-Kristalle sind nicht selten in den rechts schmalen Spalten auskristallisiert. Sie besitzen innenen einen radialstrahligen Aufbau und sind von einem Rasen aus kleinsten Calcit-Kristallen überkrustet. Dies sind Bildungen, die unter stehendem Wasser entstanden; Bildbreite 12 cm. |
Tropfsteine aus Calcit (diese hingen an der Decke einer Kluft und die originale Lage muss man sich um 180 ° gedreht vorstellen; Bildbreite 10 cm. Das Stück stammt vom Mainhöllenberg, wurde 1985 gefunden und war lange in der Sammlung von Jürgen BREITENBACH (*1957 †2022) aus Höchst im Odenwald verwahrt. |
Calcit-Sinter, überkrustet von kleinen Kristallen aus der ehemaligen Sammlung von Jürgen BREITENBACH(†) aus Höchst im Odenwald; Bildbreite 10 cm |
Calcit-Kristalle vom Mainhöllenberg, die in der Kluft im Sandstein im Wasser gesprießt sind, ehemals Sammlung von Jürgen BREITENBACH(†) aus Höchst im Odenwald; Bildbreite 7 cm. |
Ein Steinbruch befindet sich am nördlichen Ortsende von
Obernburg, am Osthang des Mainhöllenberges, in
Richtung Niedernberg, hinter dem Möbelhaus "Wohncenter
Spilger" (heute XXXLutz, TK 6120 Obernburg, R 1095 H 2406).
Wie die historischen Karten zeigen, bestand hier noch in den
1850er Jahren kein Abbau. Der ehemalige Steinbruch ist
wahrscheinlich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts
angelegt worden und stand aufgrund der Größe längere Zeit im
Abbau. Die Rohblöcke wurden im Steinbruch sortiert und dann an
das Mainufer gebracht, wo man diese für die meist mainabwärts
liegenden Baustellen bearbeitete. Anschließend wurden sie
vorzugsweise mit dem Schiff auf dem Main transportiert, der
unmittelbar vor dem Steinbruch vorbei lief, bevor die heutige
Umgehungsstraße gebaut wurde.
Ich war erstmals am 25.08.1972 dort (mit dem einfachen
Fahrrad) und suchte nach Calcit.
Der ehemalige Steinbruch am Mainhöllenberg
wurde um 1976 zum Bau der Umgehungsstraße (B 469) erneut
aufgefahren, ist jedoch inzwischen sehr stark verwachsen und
im Sommer nahezu unzugänglich. Beiderseits des Steinbruches
sind noch Reste von Terrassen für den einstigen Weinbau zu
erkennen.
Im Frühjahr 2000 wurde das östliche Gelände wieder abgetragen,
da man den Parkplatz der Fa. Spilger (Möbelhändler)
vergrößerte. Calcite oder andere Mineralien waren nicht zu
finden. Die schlammigen Massen bestanden ausschließlich aus
Buntsandstein-Blöcken und Abraum aus dem früheren Steinbruch.
Der Steinbruch ist vom Parkplatz des Möbelhauses infolge der
steilen Böschung schwer erreichbar und weiter oben infolge des
dichten Bewuchses aus Bäumen, Büschen und Brombeeren kaum
begehbar. Von den größeren Massen aus dem schönen Kalksinter
ist nichts mehr zu sehen.
Im Frühjahr bis in den Sommer 2006 wurde erneut sehr viel
Material für die Straße südlich Obernburg und dann für ein
Baugebiet in Leidersbach abgefahren.
Links:
Für eine Werksteingewinnung ungeeignete Steine als blockige
Halde am Rand des Steinbruchs;
aufgenommen am 1.4.2006.
Rechts:
Nur in den höchsten Orten ist noch stark geklüfteter
Sandstein der Bruchwand zu erkennen;
aufgenommen am 1.4.2006.
Diese Fundstelle mit dem aufgelassenen Steinbruch am
Bäckersberg südlich von Obernburg ist mit der nördlich
von Obernburg nahezu identisch - was die Calcit-Bildung
angeht. Die Gangfüllungen aus Calcit wurden von Erich
RITTER(†) aus Wörth am Main um 1970 entdeckt und etwa 1 Jahr
lang ausgebeutet. Dabei half der Sohn DIETER und Ferdinand
BEISLER(†) aus Glattbach. Der Fund verbreitete sich sehr
schnell, so dass später weitere Sammler dort suchten und sie
gewannen schöne Belegstücke aus Calcite mit den Kristallrasen.
Die ersten Handstücke wurden auf der ersten Aschaffenburger
Mineralienbörse in der TVA-Halle angeboten; ich kam damals zu
spät, denn die Fundstelle war weitgehend ausgeräumt. Die
geborgenen Stücke reichen von wenigen cm bis hin zu 50 x 50 cm
Größe, die dann in den Garten gelegt wurden und inzwischen
verwittert sind. Leider wurden seinerzeit keine Fotos von der
Fundstelle angefertigt - zumindest sind mir keine vorgelegt
worden.
Solche Calcite kann man heute nicht mehr finden,
sondern sie gelangen nur in den Kreislauf, wenn Nachlässe von
Mineraliensammlern verkauft oder vererbt werden. Eine
Gelegenheit ergäbe sich, wenn für Baumaßnahmen wieder
Calcit-führende Klüfte angeschnitten werden würden. Dies ist
nach dem gegenwärtigen Stand eher unwahrscheinlich.
Literatur:
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz [Hrsg.]
(1967): Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern Band 8
Miltenberg · Amorbach · Obernburg · Aschaffenburg · Seligenstadt.-
208 S., zahlreiche SW-Abb., Zeichnungen und Karten, 1 lose
gefaltete Beilage [Verlag Philipp von Zabern] Mainz am Rhein.
LORENZ, J. mit Beiträgen von M. OKRUSCH, G. GEYER, J. JUNG, G.
HIMMELSBACH & C. DIETL (2010): Spessartsteine. Spessartin,
Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende Geologie und
Mineralogie des Spessarts. Geographische, geologische,
petrographische, mineralogische und bergbaukundliche Einsichten in
ein deutsches Mittelgebirge.- s. S. 309, 317.
OKRUSCH, M., GEYER, G. & LORENZ, J. (2011):
Spessart. Geologische Entwicklung und Struktur, Gesteine und
Minerale.- 2. Aufl., Sammlung Geologischer Führer Band 106, VIII,
368 Seiten, 103 größtenteils farbige Abbildungen, 2 farbige
geologische Karten (43 x 30 cm) [Gebrüder Borntraeger]
Stuttgart.
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