Braungelber Cancrinit im Cancrinit-Syenit von Ditrau in Rumänien, Bildbreite 6 cm. |
Gelber Cancrinit als Gangfüllung in einem dunklen Gestein (angeschliffen und poliert) aus Cancrinit, Hendricksit und Phlogopit von Chibiny, Kola-Halbinsel, Russland, Sammlung M. SCHUSTER, Schöllkrippen, Bildbreite 5 cm |
Weiße, längliche Cancrinit-Kristalle in einem Sanindin-Auswürfling vom Laacher See in der Eifel, Bildbreite 2 cm |
Gelber Cancrinit aus Alluaiv, Lovozero, Kola, Russland, Bildbreite 4 cm |
Gelber Cancrinit mit Ägrinaugut aus einem Alkali-Pegmatit aus dem Tvedalen, Norwegen, Mineralogisches Museum der Universität Würzburg. Bildbreite 11 cm |
Gelblicher Cancrinit von Dara-i-Pioz, Tadsikistan, Bildbreite 4 cm |
Gelber Cancrinit mit blauem Sodalith in einem Nephelin-Syenit-Pegmatit von Bancroft, Kanada, gefunden 2009 von Jürgen GREINER, Bildbreite 12 cm |
Gelber Cancrinit aus einem Vorkommen bei Litchfield, Maine, USA, - historisches Stück aus dem 19. Jahrhundert mit 2 alten Sammlungszetteln, Bildbreite 16 cm |
Ein schönes Handstück eines Pegmatits aus weißem Nephelin, gelbem Cancrinit, blauem Sodalit und schwarzem Biotit aus der bekannten Fundstelle des Nephelin-Syenit-Massivs bei Ditrou (Ditro, Dittrau oder auch Dittersdorf) am Ostkarpatenbogen, (Siebenbürgen) in Rumänien, Bildbreite 9 cm |
Gelblicher Cancrinit, gefunden bei Dmitrievka, Ukraine, Bildbreite 4cm |
Bläulicher Cancrinit ("Hydro-Cancrinite") von Alluaiv, Lovozero, Kola, Russland, Bildbreite 2cm |
Gelblicher Cancrinit aus einem Pegmatit von der Fundstelle von Kurotschkin Log bei Vishnevogorsk, Ural, Russland, Sammlung Matthias SEHRIG, Plauen, Bildbreite 6 cm |
Rissiger Cancrinit, Visnev-Montanis im Süd-Ural, Bildbreite 5cm |
Bemerkenswerte Pseudomorphose von grauem Cancrinit nach Nephelin, aus der Fundstelle von Kurotschkin Log bei Vishnevogorsk, Ural, Russland, Sammlung Matthias SEHRIG, Plauen Bildbreite 11cm |
Gelblicher Cancrinit von Alluaiv, Lovozero, Kola-Halbinsel, Russland mit einem russischen Sammlungszettel, Bildbreite 5 cm |
Gelber Cancrinit in weißem, strahligem Pektolith aus der Kirow-Mine, Chibiny, Kola-Halbinsel, Russland, Bildbreite 5 cm. |
Gelber Cancrinit auf weißem Nephelin und in schwarzer Hornblende, Saga-Steinbruch im Tveidalen, Telemark, Bildbreite 12 cm |
Eines der wenigen in Schausammlungen ausgestellten Cancrinit-Proben im Museum für Naturkunde in Berlin Bildbreite ca. 12 cm |
Kleines Stück gelber Cancrinit in einer Pappschachtel der Zeit, mit einem aufgklebten Sammlungszettel (siehe Foto rechts), Bildbreite 8 cm |
Unterseite des Stückes im linken Bild: Aufgeklebter Sammlungszettel mit dem Aufdruck: "304A. Cancrinite. Litchfield, Maine. A. E. FOOTE, M.D. Philadelphia, PA. " Bildbreite 3 cm |
Gelber Cancrinit mit weißem Nephelin aus dem Tvedalen, Langesundfjordin Norwegen, Bildbreite 6 cm |
Heller, leicht angewitterter Cancrinit von der Typlokalität Miask (heute Miass) im südlichen Ural in einem zeitgenössischen Pappschächtelchen mit dem Sammlungszettel von Dr. F. Krantz Rheinisches Mineralien-Contor Bonn, Bildbreite 14 cm. |
Weißer, faseriger Wollastonit, verkauft als "Cancrinit", Narodnaja, Ural, Russland, Bildbreite 6 cm. Es ist eines der vielen Beispiele, dass die Beschriftung von Mineralien oft fehlerhaft ist. Ob als Vertauschung von Zetteln oder bewusst, kann man meist nicht sagen. |
Hellblauer Vishnevit als Gesteinsbestandteil neben Orthoklas, Biotit und Pyrit von Loch Borrolan, Assynt, Sutherland, Schottland, Bildbreite 8 cm |
Nadelige Cancrinit-Kristalle auf Sanindin neben Thorit mit Titanit von Tre Croci bei Vetralla, Viterbo Provinz, Latium in Italien, Bildbreite 5 mm |
Sattgelber Cancrinit von Vyshnevogorsk im südlichen Ural in Russland, Bildbreite 2 cm |
Hellgelber Cancrinit aus dem Kovdor-Phlogopit-Quarry auf der Halbinsel Kola im nördlichen Russland, Bildbreite 5cm |
Gelber Cancrinit vom Dara-Pioz-Gletscher in den Tien-Shan Bergen, Tadjikistan, Bildbreite 5cm |
Sattgelber Cancrinit mit Phlogopit vom DaraPioz-Gletscher in den Tien-Shan Bergen, Tadjikistan, Bildbreite 5cm |
Cancrinit mit Amphibol in einem Stück eines Bohrkerns aus dem Vuoriyarvi-Massiv im Nord-Karelien, Russland, Bildbreite 8cm |
Gelber Cancrinit aus einem Alkaligesteins-Pegmatit vom Langesundfjord in Süd-Norwegen , Bildbreite 11cm |
Gelber Cancrinit aus der Kirow Mine in Chibniy, Kola Halbinsel, Russland, Bildbreite 4 cm |
Gelber Cancrinit in einem Alkalipegmatit aus der Nochelin Log area, Vishnevye Gebirge, Ural, Russland, Bildbreite 10 cm |
Abgerolltes Stück eines rissigen und sehr unscheinbaren Cancrinit von Kyschtym, in der Oblast Tscheljabinks, im Südural von Russland, Bildbreite 10 cm |
Sehr selten in einer Sammlung vertreten: Cancrinit als weiße Kristalle in einer pegmatitischen Matrix aus dem Vorkommen von Kishengarh, Indien ausgestellt in einer Vitrine der Mineraliensammlung des Natural History Museums, London, gesehen am 19.06.2015 Bildbreite ca. 15 cm |
Gelber Cancrinit als Gangfüllung in einem Biotit-Gneis, Vishnovoe, Ural, Russland. Bildbreite 6 cm |
Gelber Cancrinit aus einem Alkaipegmatit vom Gang 2 in den Vishneoye Gory Mountains, Ural, Russland, gefunden von Sergei Kolisnichenko, Sommer 2016 Bildbreite 10 cm |
Gelber Cancrinit mit etwas Biotit aus einem Pegmatit von Malishevo im Ural, Russland, Bildbreite 7 cm |
Weißer, sechsseitig-prismatischer Cancrinit-Kristall als Pseudomorphose aus Analcim mit weißem Epididimit von der weltberühmten Fundstelle des Mount Saint Hilaire westlich von Montreal in Quebec, Kanada. Bildbreite 9 cm Der Alkali-Komplex aus Nephelin-Syeniten und Sodalit-Syenit führt in den Pegmatiten große Kristalle seltener Mineralien. |
Gelber Cancrinit aus einem Alkaligestein der Vishnöye Gory Mountains aus der Feldspatlagerstätte der Stadt Kasly, Ural, Russland, gefunden von Michail Zygangko, Sommer 2017 Bildbreite 4 cm |
Weißliche Cancrinit-Kristalle mit dem typisch sechseckigen Querschnitt und Balliranoit von der Insel Seberged im Roten Meer, gefunden 1994. Die sehr kleine Insel (St. John´s Island, Zagbargad) liegt etwa 250 km südöstlich vom bekannten ägyptischen Urlaubsort Marsa Alam. (Koordinaten des Fundortes ungefähr: 23°36'21.91" N 36°11'57.22"E), Foto und Sammlung Dr. Ing. Thomas KRASSMANN, Eurogeologe, 91438 Bad Windsheim |
Gelber Cancrinit in einem Pegmatit aus dem Tvedalen in Norwegen, Bildbreite 2 cm |
Weißlicher Cancrinit, an der Oberfläche gelblich oxidiert, zusamen mit Nephelin und nicht bestimmten Erzen im blauen Soldalith von der Sodalite-Mine bei Orotumba, Swartbooisdrift, Kunene Region im Norden von Namibia (siehe DRÜPPEL 2003), partiell angeschliffen, Bildbreite 9 cm |
Weiße bis gelbliche Cancrinit-Adern im blauen Sodalith aus dem Vorkommen von Itaju do Colonia, Bahia, Brasilien (CORNEJO & BARTORELLI 2009:608f mit einem ein- drucksvollen Foto) Bildbreite 6,5 cm |
Cancrinit gehört zu der Gruppe von Mineralien
(Cancrinit-Sodalit-Gruppe - Cancrinit Untergruppe):
Balliranoit
Cancrinit
Cancrisilit
Depmeierit
Davyn
Hydroxycancrinit
Kyanoxalit
Microsommit
Pitiglianoit
Quadridavyn
Tiptopit
Vishnevit
Das seltene Mineral Cancrinit (englisch Cancrinite)
wurde nach dem russischen Finanzminister Georg Cancrin, Sohn von
Franz Ludwig Cancrin aus Bieber, benannt (und nicht nach Franz
Ludwig CANCRIN, wie oft geschildert, z. B. auch im Brockhaus
(Autorenkollektiv 1987:308)). Die Erstfundstelle liegt im
südlichen Ural, wo es während einer Expedition deutscher
Wissenschaftler unter Führung von Alexander von HUMBOLDT
gefunden und später vom Mineralogen Gustav ROSE beschrieben
wurde. Der hätte das Mineral "Kankrinit" schreiben sollen, denn
zu dem Zeitpunkt hieß Georg Cancrin bereits Kankrin, weil es im
Russischen kein C gibt. Georg KANKRIN verdanken wir auch
indirekt den Sieg der Russen über Napoleon und die berühmten
Platin-Rubel.
Cancrinit stellt als primäres Mineral einen wichtigen Bestandteil in einigen Alkaligesteinen, in Pegmatiten in CO2-reichen Nephelin-Syeniten dar und bildet sich sekundär als Alterationsprodukt von Nephelin. Es entsteht bei ungewöhnlich hohen CO2-Partialdrucken in unterkieselten alkalinen Schmelzen, wo er Nephelin ersetzt oder pseudomorphisiert. Umgekehrt wandelt sich Cancrinit an der Erdoberfläche und unter feuchten Klimaten in Zeolithe und Calcit um. Unter Laborbedingungen ist Cancrinit bereits um 1922 synthetisch erzeugt worden. Gewöhnlich tritt das Mineral in derber Form als Bestandteil von Gesteinen auf. In Pegmatiten können auch mehr als 20 cm große Stücke gefunden werden. Kristalle bis zu einer Größe von 2 cm sind schon selten. Cancrinit hat als mineralischer Rohstoff derzeit keinerlei ökonomische Bedeutung. Begleltmineralien können sein: Nephelin, Sodalith, Natrolith, Kalifeldspat, (Orthoklas oder Mikroklin), Ägrinaugit, Monitcellit, Analcim, titanhaltiger Andradit, und viele andere mehr.
Bekannte Fundorte (nach HINTZE (1897:879ff), DEER et al.
(2004:369ff), ANTHONY et al. (1995:109), BERNARD & HYRSL
(2004:11f), SØRENSEN (1974) und lokaler Literatur, keine
vollständige Auflistung):
Cancrinit kann gesteinsbildend auftreten und damit an einzelnen
Vorkommen in sehr großen Mengen gefunden werden. Trotzdem ist
dieses Mineral als selten zu bezeichnen und fehlt deshalb in den
einfachen Bestimmungsbüchern. Im neuen Mineralogie-Lehrbuch
OKRUSCH & MATTHES von 2013 ist der Cancrinit ausführlich
beschrieben (Seite 200). Da größere, frei gewachsene Kristalle
nicht oder nur ganz selten vorkommen, wird das Mineral kaum
gesammelt, am Mineralienmarkt und auch auf Mineralienbörsen nur
selten angeboten. Auf Mineralienauktionen fehlt der Cancrinit
völlig. So kann man auf der größten Mineralienbörse in Europa
(Munich Show 2012/2013 oder 2018) vergeblich nach dem Mineral
suchen; auch die russischen Verkäufer bieten Cancrinit nur selten
oder ausschließlich auf Nachfrage bzw. Bestellung an.
Merkwürdigerweise ist es auch vom Heilsteinmarkt noch nicht
entdeckt worden, da sich von den gelben Steinen sehr gut
attraktive Trommelsteine fertigen ließen.
Als Ausstellungsstück findet man Cancrinit nur in größeren
Sammlungen und Museen, so z. B. im Mineralogischen Museum der
Universität Würzburg im Universitätsgelände am
Hubland.
Graf Georg Cancrin (Kankrin)
(auch Jegor Franzewitsch Kankrin)
Georg Ludwig Daniel Cancrin wurde am 27.11.1774 als Sohn von
Franz Ludwig Cancrin und
Maria Louisa Phillipa Cancrin (geb. Kroeberin) in Hanau geboren
(WELLENKAMP 1971, BECK 195971ff). Nachdem der Vater nach
Russland ging, wuchs er in Hanau bei einer Tante auf und
studierte in Gießen und Marburg Staats- und
Rechtswissenschaften, Philosophie und Bauwesen. Während seiner
Urlaubs aus Russland in Gießen nahm Vater Franz Ludwig Einfluss
auf die Erziehung seines Sohnes - Spezialwissen ist ein besseres
Fundament als Fürstengunst und Philosophie.
Da er in Deutschland keine Anstellung fand, ging Georg von
Cancrin ebenfall nach Russland und traf am 26. Mai 1797 in St.
Petersburg ein. Die ersten Jahre in St. Petersburg waren die
schwersten seines Lebens. Trotz des Einflusses seines Vaters
bekam er keine Anstellung, auch weil er kein Russisch sprach
(und auch später nie gut beherrschen sollte). So schlug er sich
als Buchhalter, Abschreiber und Lehrer durch. Im Jahre 1800
wurde Georg von Cancrin Gehilfe von Vater Franz Ludwig in der
Saline von Staraja-Russa. 1803 wurde er ins Innenministerium
nach St. Petersburg versetzt und beschäftigte sich dort mit der
Salzgewinnung in ganz Russland. Bei den Reisen sah er die Not
der Bevölkerung. 1805 wurde er zum Staatsrat befördert, 1809
wurde er Inspektor der ausländischen Kolonien in St. Petersburg,
deren Bewohner aus Deutschland, Holland, Frankreich, England und
Italien stammten. Mit der napoleonischen Bedrohung im Geist,
schrieb er das Werk "Fragmente über die Kriegskunst nach
Gesichtspunkten der militärischen Philosophie", welches 1809
veröffentlicht wurde. Darin empfahl er die Weite (und das Klima)
Russlands für die Abwehrstrategie zu nutzen, aufbauend der
These, dass bei einem tiefen Eindringen des Feindes die
Verpflegung immer schwieriger werden würde - der entscheidende
Vorteil für die eigenen Truppen. Der russische General Barclay
de Tolly wandte die Strategie in dem Krieg mit Napoleon an,
dessen große Armee im russischen Winter 1812 wurde die Armee
tatsächlich vollständig aufgerieben. Schon 1811 war von Cancrin
zum Assistenten des General-Proviantmeisters im
Kriegsministerium ernannt worden; 1815 wurde er in Paris zum
General befördert. 1816 heiratete Georg Graf Cancrin Ekanterina
Zacharowna Murav´eva, eine Verwandte des Generals Barclay de
Trolley und Nichte von Alexander I. Seine Söhne wurden
evangelisch-reformiert, die Töchter orthodox getauft.
1818 veröffentlichte er eine Schrift zur wirtschaftlichen
Situation der Bauernschaft in Russland, die zu einem großen Teil
aus Leibeigenen bestand. In der Folgezeit verfasste
er ein dreibändiges Werk zur Militärökonomie („Über die Militär-
Ökonomie im Frieden und Krieg“ (CANCRIN 1820 -
1823)).
Das Buch erschieb ohne Autorennamen in deutscher Sprache und war
von der Zensur genehmigt, wie man auf der Rückseite des Titels
lesen kann.
1821 kam ein weiteres Buch hinzu: "Weltreichtum,
Nationalreichtum und Staatswirtschaft". Darin beschrieb er die
merkantile Situation in Europa in Wechselwirkung mit Russland -
ein Regierungsprogramm. Daraufhin entschied Zar Alexander I.,
von Cancrin an Ostern 1823 zum Finanzminister zu bestellen.
Cancrin schränkte die Staatsausgaben ein und ließ die wertlosen
Papierrubel gegen Silberrubel mit entsprechender Deckung
tauschen (es gab keine Münzeinheit und 3 verschiedene Kurse).
Als Finanzminister gab er der Wirtschaft Schutz und Ordnung,
förderte den Bergbau, gründete Fabriken und in St. Petersburg
eine Schule zur Ausbildung von Ingenieuren. Später schrieb er
noch „Die Ökonomie der menschlichen Gesellschaft und das
Finanzwesen“ (KANKRIN 1845). Aber er war kein Freund der damals
aufkeimenden Eisenbahnen.
Im September 1843 besuchte von Cancrin auf dem Weg nach Paris
mit seiner Frau zum letzten Male die Heimat seiner Väter, seinen
Geburtsort Hanau und das Kinzigtal. Er wohnte dazu im Gasthof
„Zum Riesen“ in Hanau und ließ sich, weil er Sehnsucht nach
einer Stätte seiner frühen Kindheit hatte, nach Wilhelmsbad
fahren (SIEBERT 1919:20f).
Der Gebäudekomplex des Generalstabs in St. Petersburg am
Alexanderplatz gegenüber der Eremitage. Hier war das
Finanzminsterium und so hatte auch Georg Kankrin einen
Schreibtisch in
seinem Büro, welches mit den Einrichtungen erhalten ist. Das
Zimmer (rechts) befindet sich hinter dem Balkon links der
Bildmitte in dem Panoramafoto,
aufgenommen am 10.04.2018
Ein so korrekter und sehr erfolgreicher Finanzminister (von
NOLCKEN 1909) wie Georg von Cancrin schuf sich Feinde,
insbesondere als er die Korruption bekämpfen ließ. In Russland
wurde uns bei einem Besuch im April 2018 berichtet und als
Anekdote soll überliefert sein: "Zar Alexander – mit dem Kankrin
per Du war (was sehr ungewöhnlich gewesen sein soll) – sagte
einst: Es gäbe nur zwei Menschen, die in Russland nicht klauen
würden – Ich und Du (Kankrin)“. Unter seiner Amtszeit wuchsen
fähige Beamten heran, die durch eine bessere Besoldung weniger
anfällig für Bestechungen waren.
Nach 21 Jahren als Finanzminister ging Georg von Cancrin 1844 in
den ersehnten Ruhestand, während seiner Amtszeit diente er drei
verschiedenen Zaren. Seine Augen machten ihm im Alter zunehmend
Schwierigkeiten, so dass er sich im regenreichen 1843 erneut als
Autor betätigte und ein Buch mit dem Titel "Phantasie-Bilder
eines Blinden" veröffentlichte (KANKRIN 1845).
Er verstarb am 9. September 1845 in St. Petersburg. Das Grab ist
wohl erhalten und befindet sich frisch restauriert auf dem
lutherischen Friedhof Smolenskoe in St. Petersburg.
Das Grab von Georg Graf KANKRIN mit weißem Marmorkreuz, einem
Grabstein
aus einem Kristallingeschiebe (darauf die vergoldete Schrift) auf
dem lutherischen
Friedhof in St. Petersburg.
Es wurde erst vor kurzem restauriert. Die Gräber in der Umgebung
stammen aus
dem 19. und 20. Jahrhundert weisen viele deutsche Namen auf. Die
Wurzeln und
die Beschattung der Bäume haben keinen förderlichen Einfluss auf
die Grabanlagen.
aufgenommen am 09.04.2018
Seine Reisetagebücher (1840 - 1845) hat sein
Schwiegersohn, Alexander Graf KEYSERLING, Paläontologe und
Kurator der Universität von Dorpat (damals russisch, heute Tartu
in Estland), 1865 herausgegeben (KEYSERLING 1865). Hierin
schreibt KANKRIN auf den Seiten 52 - 52 im 2. Band über seine
Reise von Salzburg über München und Würzburg nach Frankfurt vom
10.-15. August 1843:
…. In Würzburg besahen wir den uralten byzantinischen Dom dessen Inneres modernisirt ist indem die byzantinischen Säulen der Hallen mit viereckigen Pfeilern umklebt sind. Alles ist überladen und ich ging gleich wieder fort. Die Marienkapelle am Markt an der jetzt restaurirt wird ist ein ausgezeichnetes gothisches Gebäude.
Wir fuhren den alten Weg [etwa die heutige Bundesstraße 8] über den einst berüchtigten Spessart. Es geht ziemlich viel bergan. Hinter der Station Roßbrunn [östlich von Uettingen, heute ein Ortsteil von Waldbüttelbrunn] passirt man den Main auf einer Fähre. Gegenüber, liegt das ehemalige Kloster Triffenstein mit ansehnlichen Gebäuden die sich an der waldigen Höhe im Mondlicht gar magisch ausnehmen. Jetzt wohnt da ein Fürst von Löwenstein. Wir waren nun von Salzburg an vier Nächte durchgefahren, doch vergebens, um Frankfurt zu erreichen, und mußten auf der Station Esselbach, einem Dorfe, übernachten nicht schlecht. Die bairischen Posten sind ungemein schlecht und heutzutag gelten die Eilwagen mehr, als die Extraposten. Schlaff, schlaff ist Manches im Land! Von Esselbach fängt die eigentliche Waldung des Spessart an. Das Waldcapital ist im Ganzen sehr mitgenommen, doch giebt es noch manche schöne Schläge mit alten Eichen, da, wo viele Birken nachschießen. Der Spessart soll viel an Geld zu der Walhalla und andern Gebäuden geliefert haben. Waldwirtschaft war allerdings zu bemerken; allein Etwas fiel mir besonders auf. Ziemlich am Anfang der Waldung von Roßbrunn aus war ein großer vielleicht zu großer Schlag mit überständigen Eichen einzeln besetzt. An ihnen waren alle unteren Aeste abgehauen. Allerdings eine Oekonomie, aber ich fürchte, das Allzulichte dürfte den Waldboden sehr austrocknen und verderben. Auch war wenig junger Anflug da. Doch um sicher zu urtheilen, hätte man die dortigen Forstmänner fragen müssen. - In Hanau wechselten wir nur schnell die Pferde nachdem wir in Dettingen [am Main, heute Gemeinde Karlstein a. Main] der etwa hundert Jahre zurück vorgefallenen Schlacht uns erinnert hatten, wo König GEORG II. mit der sogenannten pragmatischen Armee die Franzosen schlug; und bei Hanau der heißen Schlacht im Jahre 1813. Welche Verschiedenheit der Zeiten und Zwecke, aber immer Frankreich der Störenfried!
Ich habe vergessen, daß ich in Ingolstadt zufällig die Bekanntschaft des würdigen Generals BECKR machte, der mir von selbst einiges Angenehme über meine längst zur Seite gelegte Militairökonomie [KANKRIN 1820 - 1823] sagte.
Kankrin förderte auch die Forstwirtschaft in Russland - man
beachte deshalb die abfällige Bemerkung über die Forste im
Spessart in dem obigen Text. Von Elena Olkhovaya aus St.
Petersburg erreichte mich im November 2018 folgende, willkommene
Ergänzung:
Denkmal mit einer Bronzebüste des etwa 45jährigen Grafen E. F.
KANKRIN
auf einer Granit-Säule im Lisinsky Forest College
bei Tosno, Russland. Der
Name ist im oberen Teil der Säule eingraviert und mit Blattgold
belegt.
Aufgenommen von Elena OLKHOVAYA am 13.08.2018
Die Ausbildungsstätte für Studenten des Forst-Institutes und
des Mining Engineers Corps wurde auf Veranlassung des
Finanzministers E[gor] F[ranzewitsch] Kankrin im Jahr 1834 in
der Lisino-Datscha (später Lisino-Corp-Dorf) eingerichtet. Es
gab dort auch kaiserliche Jagdgründe. Die Gebäude waren aus Holz
und sind oft abgebrannt. Nach dem Projekt von Nikolai
Leontyevich BENOIT wurde 1855 ein Backsteinhaus für die
Studenten errichtet - jetzt ist hier die Lisinsky Forst
Universität mit einer Fläche von ca. 28.000 ha; das Gelände
liegt ca. 10 km südwestlich von Tosno, etwa 50 km südöstlich von
St. Petersburg. Seit 1860 auch der Kaiserliche Jagdpalast oder
das Jagdhaus von Alexander II. und ein Denkmal der
Forstverwaltung von Russland und zu Ehren des Ursprungs des
ehrwürdigen Baums des lebenspendenden Kreuzes Vom Herrn. 1836
wurde vor dem alten Haus der Studenten eine Bronzebüste von E.
F. Kankrin angebracht. Es wurde später entfernt und anscheinend
während der Sowjetzeit zerstört. 1997 wurde neu es neu gschaffen
und befindet sich jetzt vor dem Backsteinhaus für die Studenten.
Alle Gebäude von N. BENOIT blieben bis in unsere Zeit erhalten.
Das Museum am Lisinsky Forest College als Außenstelle der Saint
Petersburg State Forest Technical University enthält auch
Materialien über E. F. Kankrin.
Das Platin:
1822 fand man im Ural größere Mengen des elementaren
Metalles Platin als natürliche Legierung mit einem ca. 70 - 85 %
Platin, Eisen, Kupfer und den anderen Platingruppenelementen
Palladium, Rhodium, Iridium und Osmium (BACHMANN & RENNER
1984). Aufgrund ihrer sehr hohen Dichte, ihrer mechanischen
Festigkeit und ihrer Widerstandsfähigkeit gegen chemische
Verwitterung wurde diese Edelmetall-Legierungen beim
Flusstransport in Form von Sand, Grieß und größeren Nuggets (bis
zu einigen Kilogramm Gewicht!) zu sekundären Seifen-Lagerstätten
angereichert. Eine Gewinnung dieses Seifenplatins war viel
weniger aufwändig und daher kostengünstiger als der bergbauliche
Abbau der Primärlagerstätten. Infolge des sehr hohen
Schmelzpunktes von ca. 1.770 °C von reinem Platin konnten diese
natürlichen Platinmetalle nur schwer raffiniert und mit den
damaligen Techniken in Russland nicht geschmolzen werden.
Der als sehr sparsame geltende Cancrin wandte sich 1827 an
Alexander von HUMBOLDT mit der Frage, ob man eine Platinwährung
einführen könne. Humboldt führte stichhaltige Argumente dagegen
an und riet ab; man hatte dies vorher bereits in Kolumbien
erfolglos versucht. Da Cancrin von der Idee beseelt war, wurden
trotzdem die Münzen geprägt und versuchsweise eingeführt als
eine Art "Luxuswährung" ohne eine Verpflichtung diese zu
akzeptieren. Dies war das erste Mal seit der Antike, dass ein
neues Metall als Münzwerkstoff eingesetzt wurde (ERNST 2010:40).
1828 wurden in der Münze in St. Petersburg unter der
Schirmherrschaft von Zar Niklolaus I. Platinrubel mit einem
Gewicht von 10,36 g zum Wert von 3 Rubeln geprägt, 1829 folgten
die 6-Rubel-Münzen (20,71 g) und 1830 die Münzen mit einem
Nennwert von 12 Rubeln (41,43 g).
Münze zu 3 Rubel von 1842 aus dem russischen Platin. Die
Gebrauchsspuren
zeigen, dass die Münze jahrelang im Umlauf gewesen ist, denn das
relativ
harte Platin nutzt sich viel weniger ab, als z. B. Silber oder
Gold.
Die Akzeptanz in der russischen Bevölkerung für das graue
Münzmetall war allerdings sehr gering. Die Münzen aus dem grauen
Metall wurden als "Serinkie" bezeichnet, was soviel bedeutet wie
"Grauchen" oder "kleiner Esel" (ERNST 2010:40). Es dauerte nicht
lange, bis der Münzwert und der Metallwert erheblich
differierten, so dass man 1845 die Herstellung einstellte.
Die Herstellung dieser Münzen war eine absolute Novität
(BACHMANN & RENNER 1984). Da man das Platin damals nicht
schmelzen konnte, löste man das in der Natur gefundene gediegene
Platin in Königswasser auf. Diese Lösung enthält dann
Hexachloroplatinat, das mittels Ammoniak in
Ammonium-Hexachloroplatinat überführt wurde. Nach dem Eindampfen
bzw. Abrauchen erhielt man einen metallischen Platinschwamm, der
mittels großer Pressen zu den Ronden für die Münzen gepresst
bzw. gewalzt wurde. Aus diesem "nass" hergestellten
Sinter-Metall prägte man dann die Platinmünzen. Da das Eisen
dabei nicht immer ganz abgetrennt wurde, können solche Münzen
auch magetisch sein.
Es wurden insgesamt etwa 1,39 Millionen Platin-Münzen im Wert
von 4,25 Millionen Rubel-Münzen geprägt. Sie hatten ein
Gesamtgewicht von 14,67 t (entspricht heute einem Metallwert von
38,5 Millionen €), von denen nach dem Einziehen noch etwa
880.000 Münzen übrig waren. Diese ca. 11,75 t Platin wurden dann
an drei Firmen verkauft, darunter auch an die Einhorn-Apotheke
in Hanau. Hier hatte der Hanauer Apotheker Wilhelm Carl HERAEUS
(*1827 †1904) ein Verfahren erfunden,
mittels einer (Knallgas-)Flamme aus Wasserstoff und Sauerstoff
im kg-Maßstab Platin zu schmelzen. Damit konnte man das Platin
für Bleche und Drähte sehr einfach umformen. Aus der
Einhornapotheke entstand in der Folge das heute weltweit
operierende Metall- und Chemieunternehmen W. C. Heraeus.
Das spezifische Gewicht des Platins in den Münzen liegt bei
20,72 g/cm³, ist also etwa doppelt so hoch wie das des Bleis!
Die Differenz zum reinen Platin mit 21,37 g/cm³ ist eine Folge
der winzigen Hohlräume in der Münze, die beim Verdichten
(Sintern) des Platinschwammes nicht ganz geschlossen werden
konnten und die man unter dem Rasterelektronenmikroskop sehen
kann (BACHMANN & RENNER 1984).
Da nur sehr wenige dieser Münzen bis in unsere Zeit
erhalten geblieben sind, werden sie nur selten angeboten.
- Beim renommierten Münzen-Auktionshaus Künker in Osnabrück wurden 2008 3-Rubelmünzen für einige Tausend €, eine 6-Rubelmünze für 23.000 € versteigert; die ganz seltene 12-Rubelmünze erbrachte die unglaubliche Summe von 33.000 €!
- Beim gleichen Auktionshaus wurde eine 12-Rubel-Münze aus Platin im Februar 2012 für 70.000 € versteigert; dazu kommen dann für den Käufer noch 15 % Aufgeld und darauf dann 7 % Mehrwertsteuer, was dann 86.135 € sind!
- Wieder bei Künker wurde im März 2013 der Zuschlag für eine 6-Rubel-Platin-Münze von 1836 (Zar Nikolaus I) in einer Höhe von phantastischen 150.000 € erteilt.
- 31. Januar 2019: Ein Satz aus 3 sehr gut erhaltenen Platinmünzen von 1839 aus der Sammlung des russischen Großfürsten Georgy Mikhailovich erbringen auf der Auktion von KÜNKER die Summe von 750.000 € (+157.500 € Aufgeld & Mwst.). Damit nähert man sich bereits den Preisen die für Bilder und andere Kunstwerke gezahlt werden.
Zum 100jährigen Geburtstag von Graf KANKRIN 1874 wurde unter Zar ALEXANDER II. in Russland eine Bronzeguss-Medaille (unter dem Mikroskop sind in den Buchstaben noch Reste des Trennmittels der Form zu sehen) mit einem Durchmesser von 54,0 mm und einem Gewicht von 76,42 g heraus gegeben. Obwohl diese 656 mal verliehen wurde, scheint sie im Münzenhandel sehr selten zu sein, denn die Medaille wurde wohl in den letzten Jahrzehnten in Deutschland nur zweimal versteigert. Die Medaille der St. Petersburger Münze besteht nach dem Schrifttum aus Kupfer (unwahrscheinlich, denn Kupfer lässt sich nicht gut gießen), Bronze und/oder Silber (nicht gesehen) und zeigt auf der einen Seite das Kopfbild von Georg Kankrin im fortgeschrittenen Alter im Profil und mit Backenbart, so das Wiedererkennen nach den zu Lebzeiten gemalten Bildern schwer ist. Die Rückseite ist mit 4 Schriftzeilen versehen, welche mit Eichenlaub eingerahmt sind.
Kankrin-Medaille von 1874
Die russischen Medaillen des 19. Jahrhunderts tragen
normalerweise ausschließlich kyrillischen Schriftzeichen. Diese
aber trägt merkwürdigerweise die Schriften in lateinischen
Buchstaben.
Die etwa 7 mm dicke Medaille wurde von Leopold STEINMANN
(*1848 †1897) gestaltet; der Name steht
in kyrillischen Buchstaben ganz klein geschwungen unter der
Büste.
Print-screen einer russischen Münzenhandlung aus Moskau mit dem
Angebot
der Kankrin-Medaille von 1874 zum Preis von etwa 200.000 Rubel.
Der
lange Text unter der Beschreibung ist eine Kurzbiographie von G.
KANKRIN,
gesehen am 22.07.2018
*dankenswerterweise übersetzt von Dr. Martin Schuster,
Schöllkrippen
Alte Post in Biebergemünd: Zum Internationalen Museumstag wurde im
neuen Biebergrundmuseum eine kleine Ausstellung zu den Cancrins
präsentiert.
Aufgenommen am 18.05.2019
Literatur:
ANTHONY, J. W., BIDEAUX, R. A., BLATH, K. W., & NICHOLS, M.
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