"Tertiär-Quarzite"
 oder "Braunkohlen-Quarzite"
im und am Spessart. 

Merkwürdige Gesteins-Blöcke und Felsen in den Landschaft - oft mit mythischen Hintergründen.


von Joachim Lorenz, Karlstein a. Main



 
Dicke Steine  
Die so genannten "Dicken Steine" östlich vom Bahnhof Nidderau-Eichen,
aufgenommen am 23.05.2024. 



"Tertiär-Quarzite"* (auch "Findlingsquarzite") sind in der Region des Spessarts, der Wetterau und im Vogelsberg nicht selten und fallen als markante Gesteinsblöcke und Felsbildungen auf (FREYBERG 1926). Sie sind meist braun, rundlich und sehr hart. Man nannte sie auch "Süßwasserquarzit", "Knollensteine", "Knollenquarzit" oder "Feuerwacke" (GÄBERT et al. 1915:227). 

Die heutigen isolierten Blöcke sind Reste von einstigen Decken oder weiträumigen Sandvorkommen, die örtlich verkieselt (zementiert) wurden. Infolge der Härte dieser meist nur in großen Blöcken auftretenden Gesteine, wurden diese lokal kaum verwandt, da man sie nicht gut zu Bau- und Mauersteine brechen kann. Eine Unterscheidung zu den Metasomatischen Quarziten des Perms und den Quarziten des Buntsandsteins kann sehr schwer sein und unter Umständen einen Dünnschliff erfordern.
Im Dünnschliff der Tertiär-Quarzite ist der Zement aus kleinen Quarz-Kristallen gut sichtbar und der Unterschied zu den verkieselten Sandsteinen des Buntsandsteins. Bei dem sind die Quarz-Körnchen in der Regel entsprechend der kristallographischen Orientierung fort gewachsen und zeigen dann Kristallflächen. Während im Buntsandstein reichlich Feldspäte und Akzessorien enthalten sind, fehlen diese in den Tertiärquarziten. Selten ist mal ein Staurolith- oder Granat-Körnchen, aber auch mal ein kleiner Zirkon enthalten. Die in den Sandsteinen verbreitete Glimmer fehlen weitgehend.
Diese Reinheit spiegelt sich in den sehr hohen SiO2-Gehalten wieder, die meist zwische 95 und 99 Gew.-% liegen. Damit ist es ein Rohstoff für die Feuerfest-Industrie ("Dinasteine") und im Vogelsberg wurden diese Steine dafür abgebaut (FREYBERG 1926). Bis in das 20. Jahrhundert wurden daraus lokal auch Grenzsteine hergestellt werden. 

Örtlich wurde aus den splittrig brechenden Quarziten neolithische Werkzeuge hergestellt. Entsprechende Lesestein-Funde als scharfkantige Abschläge liegen im Museum in Bieber (Biebergemünd). Die Fundumstände sind nicht gut dokumentiert (begutachtet am 1.10.2024).
 
Das Alter dieser Verkieselungen (Konkretionsbildung) wird im Vogelsberg mit spätestens im Unter- zum Mittelmiozän angegeben (REISCHMANN & SCHRAFT 2010:30).
Erstmals beschrieben wurden diese Gesteine im Grenzgebiet zwischen Wetterau und Vogelsberg wahrscheinlich vom Wächtersbacher Chemiker und Mineraloge Friedrich August GENTH (*16.05.1820 in Wächtersbach 02.02.1893 in Philadelphia USA), der diese auf der Suche nach Braunkohlen zwischen Bracht- und Salzbachtal in einem Brief aus dem Jahr 1847 erwähnt (JAHN 2017:327f).  

*Eigentlich handelt es sich um einen kieselig gebundenen Sandstein (MARESCH et al. 2016:186ff). 
  

Folgende Vorkommen sind bekannt:  


quarzitsiches Konglomerat
Nicht nur Sandsteine: Ein quarzitisches Konglomerat im Anstehenden bei Kleinostheim: weiße, gut gerundete, bis zu 15 cm große Quarz-Gerölle sind in einer sehr feinkörnigen Matrix fixiert, die keinen Hinweis auf die Herkunft geben. Der 40 cm lange Geologenhammer dient als Maßstab,
aufgenommen am 27.01.2019.
Solche, sehr markante Gesteine treten hin und wieder als größere Gerölle und auch als Driftblöcke in den Kiesgruben oder auch in Baugruben von Dettingen auf.

Tertiärquarzit Kleinostheim
Tertiärquarzit des Felsens links unter dem Mikroskop: Ausschnitt aus einem sandigen Bereich, der zeigt, dass der größte Teil des Körnchen aus Quarz besteht. Feldspäte wie in den Sandsteinen des Buntsandsteins fehlen. Die meisten Körnchen und auch der Zement sind von einem Pigment von Eisenoxiden durchstäubt. Dünnschliff unter polarisiertem Licht bei gekreuzten Polarisatoren;
Bildbreite 1,25 mm.
Tertiärquarzit-Geröll
Rundliches, an der Oberfläche glattes, durch Fe-haltige Sickerwässer bräunlich gefärbtes Geröll aus einem typischen Tertär-Quarzit, gefunden in der Kiesgrube der Fa. Weber bei Großostheim 2020;
Bildbreite 10 cm.
Eine Unterscheidung zu den ähnlich aussehenden Sandsteinen des Buntsandsteines ist nur nach einer mikroskopischen Bemusterung möglich.

Frostsprengung
Tonnenschwerer Block eines Tertiär-Quarzites im Wald von Nidderau-Eichen. Der Spalt ist durch Frostsprenung in den Kaltzeiten entstanden;
aufgenommen am 23.05.2024.
Andere Blöcke des Vorkommens zeigen an der Oberfläche auch einen Windschliff, der an glatten, gewellten Oberflächen erkennbar ist. An den Oberseiten sind auch so genannte "Opferkessel" entstanden, die durch Laub oft verdeckt sind.
Diese Formen entstehen durch kleine Vertiefungen, in denen sich Wasser sammelt und wiederholt gefriert. Die so gelockerten Sandkörnchen werden durch den Wind ausgeweht, so dass ein selbst verstärkender Prozess über einen langen Zeitraum zur Bildung von schüsselförmigen Vertiefungen.  
Romsthal
Tertiärquarzit im Wald zwischen Romsthal und Marborn im Vogelsberg;
aufgenommen am 14.06.2022.
Tertiärquarzit
Granat-Korn (hier schwarz) zwischen Quarzkörnchen mit einem Zement aus Quarz in einem Tertiär-Quarzit aus dem Foto oben. Dünnschliff unter polarisiertem Licht bei gekreuzten Polarisatoren;
Bildbreite 1,42 mm.
Typisch sind die kleinen Kristalle des Zements aus Quarz als "Saum" um die größeren Körnchen.

Tertärquarzit
Frische Bruchfläche eines braunen Tertiärquarzites (petrographisch ein Sandstein) aus Nidderau-Eichen mit der sichtbaren Schichtung des Sediments;
Bildbreite 12 cm.


Tertiärquarzit
Tertiärquarzit aus Nidderau-Eichen, dessen Porenraum örtlich nicht mit Quarz gefüllt würde. Dies zeigt, dass diese Gesteine stellenweise porös sein können;   
Bildbreite 3 mm.
Tertiärquarzit
Das gleiche Gestein wie links, jedoch in der normalen Ausprägung in der der Porenraum völlig mit Quarz verschlossen ist; das sind die sehr harten und beständigen Partien des Gesteins,
Bildbreite 3 mm.
Tertärquarzit Alzenau
Weißes Geröll eines Tertiär-Quarzites mit einer löchrig-kavernösen Oberfläche vom Rothenberg in Alzenau;
Bildbreite 14 cm.
Solche Steine bzw. Felsbrocken können am Rothenberg auch bis zu ein paar hundert kg schwer sein. Ein Teil ist von Windschliff überformt. 
Tertärquarzit Alzenau
Beim Blick im Innern erkennt man die wolkige Verkieselung des Sandsteins, der wenig Eisenoxide enthält. Die hellen Ränder sind weniger intensiv verkieselt und damit porös. Angeschliffen und polierter Abschnitt von dem Geröll links;
Bildbreite 11 cm.
Tertärquarzit
              Alzenau
Der Blick durchs Mikroskop auf die Oberfläche des Abschnitts im Foto links, offenbart eckige Quarz-Körnchen in einer Matrix aus feinstkristallinem Quarz;
Bildbreite 3 mm.
Dies ist der entscheidende Unterschied zu den ähnlich aussehenden verkieselten Zechstein-Dolomiten, die völlig homogen, keine mit der Lupe sichtbaren Körnchen enthalten.

Tertiärquarzit
Der alzenauer Tertiärquarzit vom Foto oben unter dem Mikroskop: Die meisten Quarzkörnchen sind eckig und manchen weisen Anwachssäume auf. Hinzu gesellen sich braue Goethit-Aggregate im ehemaligen Porenraum; weiter färbt das wolkige Pigment aus Eisenoxid Körnchen und Pigment. Der lückenlose Zement zwischen den Körnchen besteht aus kleinkristallinem Quarz. Dünnschliff unter polarisiertem Licht bei gekreuzten Polarisatoren;
Bildbreite 1,42 mm.
Dünnschliff
Sandstein von Nidderau-Eichen:
Die runden Sandkörner sind von einer lockeren Schicht aus Goethit überkrustet und später sind die Körner orientiert weiter gewachsen, bis fast kein Porenraum mehr vorhanden ist. Dünnschliff 000/912 bei gekreuzten Polarisatoren;
Bildbreite 1,42 mm.
Epidot
Nidderau-Eichen: Kleines Epidot-Korn zwischen den Quarz-Körnchen. Diese sind durch Lösungskorrossion und Anwachssäume miteinander verzahnt, was die enorme Härte des Gesteins erklärt. Auch ist hier kaum Eisenhydroxid enthalten, so dass der Fels im frischen Anbruch weiß erscheint. Dünnschliff 000/911 bei gekreuzten Polarisatoren;
Bildbreite 0,69 mm.
Tertiärquarzit aus Gambach
Die "Ente": Weißlicher, durch Eisenhydroxid braun gefärbter Tertiärquarzit als Teil einer tonnenschweren Konkretion aus Gambach (bei Münzenberg) vor dem Sandrosenmuseum im Jerusalem-Tor; 
Bildbreite etwa 1 m.
Tertiärquarzit aus Büdingen
Tertiärquarzit aus dem Fürstlichen Wald östlich von Büdingen mit einem geschätzten Gewicht von ca. 1 t. Darauf sind auch schwarze Manganoxide gebildet worden;
aufgenommen am Altstadt-Parkplatz in Büdingen im Grenzbereich zwischen Wetterau und Vogelsberg am 12.08.2024.



Literatur:
BÜCKING, H. (1891): Erläuterungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten. XLIX. Lieferung Gradabteilung 68, No. 53, Blatt Langenselbold.- 42 S., ohne Abb., [S. SCHROPP´sche Hof-Landkartenhandlung] Berlin.
FREYBERG, B. v. (1926): Die Tertiärquarzite Mitteldeutschlands und ihre Bedeutung für die Feuerfeste Industrie.- 243 S., 32 Textabb., 15 Tafeln, [Verlag von Ferdinad Encke] Stuttgart. GÄBERT, C., STEUER, A. & WEISS, K. [Hrsg.] (1915): Handbuch der Steinindustrie. Die nutzbaren Gesteinsvorkommen Deutschlands. Verwitterung und Erhaltung der Gesteine.- 500 S., 125 Abb., [Union Deutsche Verlagsgesellschaft] Berlin.
JAHN, G. (2017): Wüste, Meer und Lavafluten. Aus der Erdgeschichte unserer Heimat zwischen Vogelsberg, Spessart und Rhön.- 428 S., 328 meist farbige Abb., gebundene Ausgabe, [TRIGA - Der Verlag] Gelnhausen. 
LORENZ, J. mit Beiträgen von M. OKRUSCH, G. GEYER, J. JUNG, G. HIMMELSBACH & C. DIETL (2010): Spessartsteine. Spessartin, Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende Geologie und Mineralogie des Spessarts. Geographische, geologische, petrographische, mineralogische und bergbaukundliche Einsichten in ein deutsches Mittelgebirge.- s. S. 309, 317. LORENZ, J. (2019): Steine um und unter Karlstein. Bemerkenswerte Gesteine, Mineralien und Erze.- S. 12 - 13, 17, 32 - 33, 36 - 37, 40, zahlreiche Abb..- in Karlsteiner Geschichtsblätter Ausgabe 12, 64 S., Hrsg. vom Geschichtsverein Karlstein [MKB-Druck GmbH] Karlstein.
LORENZ, J. (2022): Die Konkretionen im Spessart und am Untermain. Ortsteine, Raseneisensteine, Lösskindel, Hornsteine, Ooide.- S. 61 - 132, 105 Abb., 7 Tab.- in LORENZ J. A. & der Naturwissenschaftliche Verein Aschaffenburg [Hrsg.] (2022): Eisen & Mangan. Erze, Konkretionen, Renn- und Hochöfen.- Nachrichten des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg Band 112, IV + 164 S., 430 Fotos, 12 Tab., 3 Karten, 1 Profi [Helga Lorenz Verlag] Karlstein a. Main.
MARESCH, W., SCHERTL, H.-P. & MEDENBACH, O. (2024): Gesteine. Systematik, Bestimmung, Entstehung.- 4. veränderte Aufl., 368 S., 240 Abb., Tab., Bestimmungshilfen, [Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung] Stuttgart.  
OKRUSCH, M., GEYER, G. & LORENZ, J. (2011): Spessart. Geologische Entwicklung und Struktur, Gesteine und Minerale.- 2. Aufl., Sammlung Geologischer Führer Band 106, VIII, 368 Seiten, 103 größtenteils farbige Abbildungen, 2 farbige geologische Karten (43 x 30 cm) [Gebrüder Borntraeger] Stuttgart.
REISCHMANN, T. & SCHRAFT, A. (2010): Der Vogelsberg - Geotope im größten Vulkangebiet Mitteleuropas.- 2. korr. Aufl., 252 S., mit zahlreichen farb. Abb., Karten, 1 gefaltete Beilage, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Wiesbaden.
SCHRAFT, A. (2018): Geotouren in Hessen. Geologische Strefzüge durch die schönsten Regionen Hessens. Band 2 Vogelsberg, Wetterau, Hessischer Spesssart und Hessische Rhön.- 456 S., sehr viele, meist farb. Abb., Profile, Karten und Zeichnungen, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Wiesbaden.  




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