von Joachim Lorenz, Karlstein a. Main
Staurolith-Kristall (Durchkreuzungszwilling) im Glimmerschiefer,
Bildbreite 1 cm.
Lage
Es handelt sich um einen kleinen bewaldeten Rücken, der neben
einem alten, kleinen Steinbruch auch noch Felsen zeigt.
Geologie
Am Rande des kristallinen Grundgebireges des Spessarts steht hier
ein Staurolith-Gneis umittelbar an den Sedimenten des Maines an.
Nicht weit davon verläuft die Spessart-Randverwerfung. Während der
letzten Kaltzeit floss der Main unmittelbar an den Felsen vorbei.
In dem kleinen Steinbruch und die oberhalb anstehenden Felsen
("Kettelerfelsen", aber stark verwachsen) besteht aus einem kaum
geklüfteten Gneis, der sehr reich an den braunen, bis zu
cm-großen, idiomorphen Staurolith-Kristallen ist. Diese sind meist
von den Glimmern umschmiegt und lösen sich deshalb nur bedingt aus
dem Gestein. Da oft auch im Innern der Staurolith-Kristalle die
anderen Gesteinsmineralien eingewachsen sind, brechen sie leicht
oder weisen keine glatten Kristallflächen auf.
Im Gegensatz dazu finden sich auch kleine, dünne, schwarze
Turmalin-Säulchen mit Endflächen, die jedoch nicht von Glimmer
umschmiegt werden und leicht herauspräparierbar sind.
Stück Staurolith-Granat-Plagioklas-Gneis (eigentlich partienweise
ein Glimmerschiefer, links im Bruch wie aus dem Steinbruch, rechts
angeschliffen und
poliert, Bildbreite 13 cm) mit den im Bruch kaum sichtbaren
Feldspat-Körnern (Porphyroblasten).
Der Staurolith führende Glimmerschiefer wurde aus einem tonigen
Meeressediment (Trübestromablagerungen oder Turbidite) kambrischen
oder ordovizischen Alters gebildet. Die an Glimmer ärmenen Lagen
haben eine Grauwacke als Vorläufer. Diese Sedimente lagen
wahrscheinlich in einem Flachmeerbereich auf dem baltischen
Schelf. Als Drucke wurden 6 kbar und Temperaturen von 600 - 650 °C
abgeleitet (OKRUSCH et al. 2011:151).
Historie
Der sehr kleine Steinbruch am Hang mit den wenign Felsen ist
sicher länger als 30 Jahre nicht mehr genutzt worden. Beim Bau des
Schützenhauses und der Straße konnten von lokalen Sammlern gute
Funde gemacht werden.
Die letzen feststellbaren "Abbau"-Tätigkeiten erfolgten wohl
anlässlich der Jahrestagung der Oberrheinischen Geologischen
Gesellschaft 1967 in Aschaffenburg, als das 547 Engineer-Corps der
amerikanischen Armee dankenswerterweise für "frisches Gestein"
gesorgt hat! Die Genehmigung für die Aktivitäten wurde nach
BACKHAUS von der Gemeinde "Mainaschaff" (?) gegeben. Die Historie
des Felsens und seiner Nutzung wurde von LANG (2013) ausführlich
beschrieben. Es findet sich jedoch genügend Gestein in der
Umgebung, welches nach den Staurolith-Kristallen durchsucht werden
kann.
Der markante Felsen der sich wenig südlich und oberhalb des
Parkplatzes des Schützehauses befindet, wurde als Naturdenkmal vom
Bewuchs freigelegt und geschützt:
Der Felsen und der Hang war am 29.04.2001 stark verwachsen.
Mineralien
Das Gestein führt folgende Mineralien, aber in stark wechselnden
Anteilen:
Stück Gneis mit sehr zahlreichen, braunen, stumpfen,
Staurolith-Kristallen
Bildbreite ca. 13 cm
* Der beste mir bekannte Fund machte Herr Dr. AICHERT, Hanau, um 1974.
Der Platz ist einer der bekanntesten Fundstellen für das Mineral
Staurolith in Deutschland. Das Inselsilikat Staurolith gehört zu
einer Gruppe von mehrere Mineralien mit sehr ähnlichen äußeren
Eigenschaften, aber unterschiedlicher chemischer
Zusammensetzung:
Man kann sie nur nach chemischen Analysen unterscheiden. Der
Staurolith ist in metamorphen Gesteinen weit verbreitet, schöne
Kristalle sind indes nicht so häufig. Meist sind
Glimmerkristalle oder andere Mineralien eingewachsen
(Porphyroblast), so auf den Kristallflächen ein pockennarbiges
Bild zu beobachten ist. Von einigen Fundstellen sind
Verwachsungen zwischen Staurolith und Cyanit bekannt. Die Größe
der Kristalle reicht von Bruchteilen eines Millimeter bis zu 10
cm - aber so große Kristalle sind aus dem Spessart nicht
bekannt. Der Name leitet sich aus dem Griechischen "Kreuzstein"
ab, da kreuzförmige Verwachsungen (Zwillinge nach (232))
nicht selten sind. Das spröde und sehr Harte Mineral
kristallisiert im monoklinen Kristallsystem. Es ist gegenüber
Säuren und der Verwitterung sehr beständig, so dass man es auch
aufgrund des hohen spezifischen Gewichts von 3,7 - 3,8 g/cm³ in
der Schwermineralfraktion von Sedimenten findet.
In einem Beitrag werden Staurolith-Kristalle von 30 cm Länge und
12 cm Dicke aus einem sehr abgelegenen russischen Vorkommen im
Nordural beschrieben (TSYGANKO et al. 2023:25).
Schwermetall Zink - ein Problem?
Wie man oben erkennen kann, wird das Schwermetall Zink im Kristallgitter des Stauroliths fixiert. Das sehr stabile - chemisch wie mechanisch - Silikat Staurolith (man findet es in der Schwermineralfraktion von Sanden) ist in den Böden und unserem Klima völlig unlöslich, so dass das Zink in geschichtlichen Zeiträumen nicht frei gesetzt werden kann. Baut nun jemand im Verbreitungsgebiet der Mömbris-Formation, kann infolge eines lokal hohen Staurolith-Gehaltes das Erdreich bzw. der Fels zu einem Problem wird, weil die LAGA-Zuordnungswerte für Zink (weit) überschritten werden. Dann kann es passieren, dass ein Bauherr den "belasteten" Aushub teuer auf eine Deponie entsorgen muss. So wird in Deutschland per Regelwerk eine große Masse an Sondermüll erzeugt, der ohne Sinn und Nutzen für irgendjemanden, aber für viel Geld umher gefahren wird.
Staurolithe von anderen Fundstellen
Große Staurolith-Durchkreuzungszwilling nach (232) gefunden
bei Coray,
Finistere in Frankreich. Hier wurde auch ein Kristall nach einem
bisher nicht
bekannten Zwillingsgesetz gefunden, der jetzt wohl als
"Coray-Zwilling"
bezeichnet werden kann (NESPOLO & MOËLO 2019),
Bildbreite 6 cm
Großer, einfacher Staurolith-Kristall von Scaer, Finistere,
Frankreich,
Bildbreite 11cm
Frei gewitterte Durchkreuzungszwillinge des Staurolith aus
Ampanihy,
Madagaskar,
Bildbreite 6 cm
Kreuzförmig verwachsener Staurolith-Zwilling aus einem Staurolith-
Glimmerschiefer (2,5 - 2,7 Ga Jahre alt!) des Ploskay-Bergs
(Semiostrovie)
in den Keivy-Bergen in der östlichen Zentral-Halbinsel Kola,
Murmansk-Region,
Russland. Das Vorkommen ist nur ca. 100 x 100 m groß und seit 1979
bekannt. Von hier dürften die schönsten Staurolith-Zwillinge der
Welt stammen
(LYKOVA. & PEKOV 2015). Die gebürsteten Stücke von dort werden
auf
nahezu allen Minertalienbörsen angeboten,
Bildbreite 5 cm.
Durchkreuzungszwilling eines Stauroliths aus Brasilien (leider
ohne
nähere Angabe),
Bildbreite 5 cm
Der Klassiker: Staurolith (schwarz) und Cyanit (bläulich) im
Paragonitschiefer
von Pizzo Forno im Tessin der Schweiz, gefunden im 19.
Jahrhundert,
Bildbreite 14 cm
Rissiger Staurolith-Kristall in einem Glimmerschiefer von
Mizarela, Albergaria
da Serra, Portugal. Man beachte, dass die orientiert
eingewachsenen Glimmer-
blättchen die Schieferung in dem Staurolith nachzeichnen,
Bildbreite 10 cm
Große Staurolith-Kristalle (z. T. verzwillingt) von Martell in
Südtirol, Bild-
breite ca. 12 cm, Sammlung Roman Ebensperger
gesehen am Stand der Südtiroler Mineraliensammler auf den Münchner
Mineralientagen 2015
Links: Braune Staurolith-Kristalle im Gneis von Gorob,
Namib-Naukluft-Park, Namibia, Bildbreite 7 cm; rechts
Zwillingskristall nach (232),
Bildbreite 4 cm.
Prismatsicher, brauner Staurolith-Kristall im Biotit-Gneis von
Nesodden bei
Akershus, Norwegen,
Bildbreite 4 cm
Die Sonderschau auf der großen Mineralienbörse in
St.-Marie-aux-Mines
zeigte 2015 eine beeindruckende Collection aus ausgezeichnet
schönen,
großen und meist verzwillingten Staurolith-Kristallen von
zahlreichen
Fundorten und ergänzt durch Abbildungen alter Literatur. Der hier
im
Vordergrund sichtbare Staurolith-Durchkreuzungszwillung stammta
aus
Coray, Finistere, Frankreich und gehört zur Sammlung Jean-Claude
LEYDET.
aufgenommen im Schwimmbad am 26.06.2015
Ungewöhnlich großer und von Glimmerschüppchen umschmiegter
Staurolith-
Kristall als Zwilling aus Portugal (Sierra Da Gralheira bei
Porto),
Bildreite 10 cm
Hochglänzende, leistenförmige Staurolith-Kristalle in einem
Glimmerschiefer
vom Mama-River-Basin, Irkutskaya Oblast, Ostsibirien in
Russland,
Bildbreite 8 cm
Fast schwarze Staurolith-Kristalle im querzreichen Gneis von der
Ortschaft
El Cardoso (de la Sierra) nördlich von Madrid in Spanien,
Bildbreite 11 cm
Lange, flache Staurolith-Kristalle im Glimmerschiefer von Gries im
Sellrain in
Österreich. Das Stück stammt aus der Sammlung von Manfred SCHWAHN
(*03.08.1944 †27.04.2020) in Hanau,
Bildreite 13 cm
Durchkreuzungszwilling eines Staurolith (in Frankreich bezeichnet
als
"Croix de la Bretagne"),
Bildbreite 2,5 cm
Literatur
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Spessartin, Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende
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