von Joachim Lorenz, Karlstein a. Main
Sillimanit, geschliffen, poliert
und in 20-karätigem Gold,
gefasst von Thomas WEIS am
Hals von Helga LORENZ
aufgenommen am 08.05.2002
Die Autobahnbaustelle bei
Aschaffenburg-Damm:
Seit dem Jahr 2000 wurde die Autobahn BAB A3
zwischen Aschaffenburg West und Hösbach auf 3 Spuren ausgebaut.
Die abgeböschten Felsen wurden auf der Nordseite inzwischen mit
einem großen Drahtgitter gesichert.
Helga Lorenz neben dem "Dicken Stein" an der Autobahn A3 am
Pfaffenberg (29.09.2002) und später (11.09.2006) mit der Autobahn
im Hintergrund.
Durch die, seit des Aufstellens gewachsenen, Flechten und durch
die nicht mehr gemähten Flächen ist der Stein von der Autobahn aus
nicht mehr so gut
zu sehen.
Dabei wurde der von vielen vorbeifahrenden Autofahrern bewunderte, ca. 60 t schwere und gut gerundete Gneisblock freigelegt und inwischen mit einigem Aufwand und unter Medieninteresse (siehe Main-Echo vom 23.07.2002 Stadtausgabe, Seite Kreis Aschaffenburg) um ca. 100 nach Osten neben die Autobahn gerollt. Inzwischen wurde er nochmals 20 m höher am Rand einer Erddeponie verbracht und wird dort die vorbeifahrenden Autofahrer erfreuen (siehe OKRUSCH et al. 2011, S. 161, Aufschluss Nr. 43).
Der Stein ist auch ein Earthcache (N 49° 59,510 E 009° 09,580 - WGS84).
Inzwischen erobert die Biologie den Hang. Der Stein ist von Flechten bewachsen und die Pflanzen in der Umbegung werden höher. In 30 Jahren wächst dort ein Wald.
Der "Dicke Stein" ist inzwischen so bekannt, dass er in einem
neuen Buch über die geologischen Naturwunder in Deutschland mit
einer Abbildung aufgeführt ist (LAUTERBACH & KUMERICS
2014:24).
Das Gebiet des Strietwaldes wurde im Herbst 2003 durch den 25. Kulturrundweg "Tulpenbaum & Co." des Spessart-Projektes erschlossen. Der ca. 8 km lange Rundweg beginnt und endet am Nordfriedhof von Aschaffenburg (etwas nördlich der Autobahn A3 Frankfurt-Würzburg). Er erschließt den ehemaligen Lehrforst der früheren Forstuniversität (1819-1910) in Aschaffenburg. Dieser enthält stellenweise auch älteren Bäume aus Nordamerika, die hier angepflanzt wurden. Im Steinbachtal passiert man die markanten Felsen ("Jahnfelsen") und Blockmeere der hier sehr harten Rotgneise. An 5 bzw. 6 Stationen des Weges informieren einheitlich gestaltete Tafeln über Menschen, Landschaft, Geschichte und Geologie. An der Station Nr. 4 erreicht man in einem alten, kleinen Steinbruch einen früheren Vulkan bei Mainaschaff.
Die abgesetzte Station
Nr. 6 ist der "Dicke Stein" an der Autobahn am Pfaffenberg
vor Goldbach, leicht mit dem Auto zu erreichen. Ein Zufahrt
zu der Sehenswürdigkeit wurde eingerichtet, der es auch
behinderten Menschen ermöglicht, den Steinblock aus der Nähe
anzuschauen.
Ein Faltblatt
(Aschaffenburg Route 1 Strietwald/Damm mit englischer und
französischer Kurzfassung) dazu kann beim Archäologisches
Spessart-Projekt e. V., Institut an der Universität
Würzburg, Ludwigstr. 19, 63739 Aschaffenburg, Tel.
06021/58400340, www.spessartprojekt.de,
angefordert werden.
Es handelt sich nicht um einen "Findling" wie in Norddeutschland, d.
h. ein von Inlandeis bewegter Block, sondern um ein hier in der
Erde durch die Verwitterung erzeugter, rundlicher Rest des hier
anstehenden Gesteins, nach einer alten Analogie als
"Wollsackverwitterung" anzusprechen. Vom verwitterten Gestein
entblößt, finden sich solche, teils großen Felsblöcke u. a. bei
Bessenbach, Gailbach, Blankenbach oder sehr bekannt im
Felsenmeer im Odenwald.
Bei den Arbeiten wird auch im Bereich von Aschaffenburg-Damm der Fels des Pfaffenberges (im Volksmund "Aktienbuckel" genannt - wegen der früher hier ansässigen Bayerischen Aktien-Bierbrauerei Aschaffenburg, auch BABA, um 1975 still gelegt) bearbeitet und teilweise abgetragen. Man kann in den metamorphen Gesteinen neben derbem Quarz, etwas körniger Hämatit und Biotit auch Sillimanit in bis zu 10 cm großen, knolligen Massen zwischen in tonigen Material finden. In einem Quarzgang konnte neben Sillimanit noch schwarzer Turmalin gefunden werden. Der Gneis enthält sporadisch bis zu 1 cm lange und 2 mm dicke Kyanit-(auch Cyanit oder Disthen genannt)Leisten (auch ohne den reichlich vorhandenen Staub schwer zu erkennen!). Im Bereich der Quarzgänge ist schwarzer Turmalin als bis zu 1 cm lange Säulchen in toniger Matrix zu finden. Staurolith und andere Mineralien wie Chlorit sind selten und schwer erkennbar. Pegmatite sind nur in stark verwittertem Zustand und in einer Mächtigkeit von ca. 5-10 cm aufgetreten.
Die Stelle erlangte inzwischen mehr als bundesweite Berühmtheit
(man kannte die Stelle selbst in Griechenland), denn bei hohem
Verkehrsaufkommen (oft nicht nachvollziehbar) wird das Tunnel in
Richtung Osten gesperrt und es bildet sich schnell ein langer
Stau, vor dem auch Einheimische nicht gefeit sind. Man starrt dann
in einen leeren Tunnel (Einhausung), eine völlig absurde
Situation. So geschehen auch am 10.07.2011 auf unserer Fahrt nach
Griechenland, wo wir 15 min
warten mussten, aber wir konnten nicht verstehen auf was. Und man
weiß auch nicht, ob und wann es weiter geht. Und das findet in den
Ferienzeiten fast täglich statt!
Autobahn A3-Erweiterung am Pfaffenberg am 17.05.2002
Bei den Erweiterungsarbeiten der Autobahn A3 zwischen den Anschlussstellen Goldbach und Aschaffenburg West wurde am Pfaffenberg (im Volksmund "Aktienbuckel") ein ca. 60 t schwerer Fels freigelegt (linkes Bild), der eine Form der Wollsackverwitterung darstellt. Mit Unterstützung der Autobahndirektion Nordbayern und der Baufirma bickhardt bau wurde der Gneisblock seitlich der Autobahn auf einer Anhöhe (siehe Bilder oben) abgelegt und kann hier zukünftig von Goldbach aus besichtigt werden. Der dunkle Bereich (links neben dem Schild) war der Teil, der früher aus der Erde schaute; die zeigt, dass der Block quasi auf der Seite gegenüber det ursprünglichen Lage liegt:
Bei dem glimmerreichen Gestein handelt es sich um metamorphe
Gesteine des Grundgebirges des Spessarts, die hier abgebaut
wurden. Dabei fand man auch ein gesteinsbildenden Mineral namens
Sillimanit, welches der Geologe gewöhnlich in
Gesteinsdünnschliffen als kleine, gelbliche Nädelchen finden kann.
Es ist ein Mineral, aus dem man die Bildungsumstände des Gesteins
ableiten kann (Thermo-Barometer).
Hier im staurolithführenden Gneis (Dünnschliffbild,
#Polarisatoren, Bildbreite ca. 7 mm) finden sie sich als
vorwiegend horizontal orientierte Leistchen::
Dünnschliff eines Gneises mit Sillimanit als dünne Nädelchen,
Bildbreite 5 mm, #Polarisatoren
Der Aumühlhügel in Damm
Innerhalb der heutigen Papierfabrik DS Smith (früher SCA, vorher
PWA) in Damm gab es einen kleinen Hügel, auf dem auch einst eine
alte Windmühle stand, was für unsere Region eher ungewöhnlich ist.
Die namengebende Mühle gibt es schon lange nicht mehr; sie befand
sich zwischen dem Hügel und der Aschaff.
Der weitgehend abgetragene Aumhühlhügel im Werksgelände der
Papierfabrik DS Smith,
aufgenommen am 12.01.2003
Das gleiche Gestein wurde auch beim Abtrag des Aumühlhügels
innerhalb des Firmengeländes der Papierfabrik SCA frei gelegt und
abgetragen. Dabei konnten die gleichen Mineralien wie an der
Autobahn gefunden werden. Dieser Aufschluss war - weil
Firmengelände nicht allen Mineraliensammelern zugänglich. Waren
zunächst der Denkmalschutz wegen der Windmühle ein Hindernis,
waren es dann Flechten, die den Abbau hinderten Dann wurde eine
geogene Schwermetallanomalie erkannt, die auch hier zu Problemen
und in der Folge zu erheblichen Kosten für den Abtrag führte.
Danke der Betriebsleitung von SCA konnte ich den Abau begleiten
und beproben. Es handelte sich um Gneise und Glimmerschiefer der
Mömbris-Formation die lokal Kyanit und Sillimanit, teils in Gängen
und Kanuern führte. Zusammen mit reichlich Quarz konnte darüber
hinaus auch Turmalin, Staurolith, Kyanit und sogar Pumpellyit
gefunden werden. Leider reichten die Kyanit-Funde bei weitem nicht
an die historischen Stücke aus dem 19. Jahrhundert heran, für die
der Fundort "Aumühle" angegeben wurde.
Im Staurolith-Granat-Plagioklas-Gneis anstehender Sillimanit (weiße Fläche) mit Joachim LORENZ als Maßstab, aufgenommen am 18.01.2003 |
![]() Weißer, feinfaseriger Sillimanit mit der Faserung ca. 45° gegen die Schieferung des Gneises, mit etwas schwarzem Turmalin anstehend im Gneis des Aumühlhügels, aufgenommen am 06.10.2001 |
Feinfaserige Sillimanit-Brocken aus dem Haufwerk gelesen, aufgenommen am 18.01.2003 |
![]() Hinter einer Mauer aus gepressten Papierballen waren die Felsmassen des Aumühlhügels angetrennt und so konnte unabhängig von der Produktion das Abtragen erfolgen, aufgenommen am 06.10.2001 |
Wegen der erschütterungsempfindlichen Papiermaschine konnte das Gestein nicht gesprengt werdem, sondern es wurde mittels Reißhaken und hydraulischem Meißel gelöst, gebrochen, gesiebt und abgefahren, aufgenommen am 14.11.2002 |
Der noch wenig abgetragene Aumühlhügel vor der großen Halle mit der großen Papiermaschine, in der aus Altpapier neues Papier für Wellkarton hergestellt wird, aufgenommen am 14.09.2002 |
Bagger zum Aufnehmen der gelösten Felsen, aufgenommen am 14.02.2003 |
Halden aus dem gebrochenen Gestein für die Wegebau und zum Befestigen von Flächen wurden außerhalb des eingezäunten Werksgeländes einige Jahre gelagert, so dass noch lange Zeit die Möglichkeit bestand, Handstücke aus Sillimanit zu sammeln. Die Haufen sind seit langem nicht mehr vorhanden, aufgenommen am 15.03.2003 |
Große Felsen wurden zur Gartengestaltung in der Umgebung der Papierfabrik angelegt, so wie hier mit dem Hotel bzw. Gaststätte der Pfaffenmühle an der Glattbacher Straße, aufgenommen am 16.12.2003 Hier traf sich bis zum Frühjahr 2021 monatlich der Mineralienstammtisch des Naturwissenschaftlichen Vereins Aschaffenburg. |
Aus den reichen Funden konnten zahlreiche Lehr-Sammlungen
profitieren, die ich mit größeren Mengen an Handstücken des
Sillimanits ausstatten konnte.
An der Baustelle am Pfaffenberg neben der BAB A3 und im
Aumühlhügel wurden jedoch bis zu faustgroße Sillimanit-Knollen und
~stücke gefunden, die eine Verarbeitung zu Schmucksteinen
ermöglichten. Weiter fanden sich zahlreiche Mineralien, die
typisch für solche metamorphen Gesteine sind:
![]() Sillimanit (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 15 cm |
![]() Sillimanit (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 10 cm |
![]() Sillimanit mit Hämatit (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 12 cm |
![]() Sillimanit mit Maghemit und Turmalin (Schörl) (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 9 cm |
![]() Sillimanit, roh Bildbreite ca. 25 cm |
![]() Sillimanit (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 11 cm |
![]() Sillimanit (links roh, rechts angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 15 cm |
![]() Sillimanit mit Hämatit (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 12 cm |
![]() Sillimanit (angeschliffen und poliert), Bildbreite ca. 8 cm |
![]() Turmalin im Quarz, Bildbreite ca. 7 cm |
![]() Staurolith als große Körner im Gneis, Bildbreite ca. 6 cm |
![]() Turmalin-Stengel im Quarz, Bildbreite ca. 8 cm |
![]() Chlorit mit Muskovit, Bildbreite ca. 7 cm |
![]() Kyanit im Gneis, Bildbreite ca. 8 cm |
![]() Plattiger Hämatit-Kristall im Quarz, Bildbreite ca. 20 cm |
![]() Turmalin als feinnadeliges, gebogenes Aggregat im Sillimanit, Bildbreite ca. 10 cm |
![]() Dünnschliff mit Kyanit und Sillimanit mit Kyanit, #Polarisatoren, Bildbreite ca. 3 mm |
![]() Dünnschliff mit viel Biotit, #Pol, Bildbreite ca. 3 mm |
Der geschliffene und polierrte Sillimanit zeigt einen großen Reichtum an Strukturen (leider besonders auch Risse) und erdfarbenen Tönen. Infolge der wirren Anordnung der sehr feinen Fasern und der unterschiedlichen Bindung ergeben sich phantastische Maserungen:
Die Bildbreiten der obigen Fotos betragen ca. 1,4 cm und rechts 2
cm.
Der Sillimanit aus Aschaffenburg ist ca. 325 Millionen Jahre alt! Entstanden aus stark tonerdehaltigen Sedimenten bei ca. 600° C und ca. 5.500 bar Druck tief im Erdinnern; garantiert ungiftig: Al2[O/SiO4] (mit Spuren von Eisen an den dunklen Stellen) sehr hart und sehr zäh, also sehr verschleißfest (Härte nach MOHS 6-7) Dichte 3,2 g/cm³ (leicht schwerer als „gewöhnliche Steine“) seidiger Schimmer in einer unaufdringlichen Farbe: weiß, braun, grün in allen Schattierungen sehr unscheinbar und damit im Gelände schwer zu finden.
Foto eines 0,03 mm dünnen Scheibchens (Dünnschliff),
gekreuzte Polarisatoren
Bildbreite ca. 7 mm,
Sillimanit mit Einschlüssen als schwarzem Turmalin (unten),
kleinen
Maghemit-Körnchen (lnks oben) und ganz links oben einer randlichen
Alteration in Tonmineralien, Bildbreite des angeschliffen und
polierten
Stückes 11 cm.
geschliffen und poliertes Plättchen aus
meliertem Sillimanit in Gold gefasst und an
Leder
oder eine Goldkette aufgehängt
- angefertigt von Frau Forstmeyer aus
Aschaffenburg.
Das einzigartige
Schmuckstück aus einem
Sillimanit in Gold gefasst
wurde vom Goldschmiedemeister
Herrn
Thomas Weis
angefertigt.
Hier erhalten Sie auch
weitere Informationen:
Adresse:
Hauptstraße 31
63825 Schneppenbach
Telefon: 0 60 24 / 8 06 16
Handy: 01 76/70 55 55 19
e-mail:
Karfunkelschmiede@web.de
home: http://www.Karfunkelschmiede.de
Literatur
LORENZ, J. (2004): Der „dicke Stein“ an der Autobahn A3 zwischen
Aschaffenburg-Damm und Goldbach.- Spessart Monatszeitschrift für
die Kulturlandschaft Spessart 98. Jahrgang, Heft April
2004, S. 17 - 22, 10 Abb., [Main-Echo GmbH & Co KG]
Aschaffenburg.
LAUTERBACH, M. & KUMERICS, C. (2014): Vulkane, Schluchten,
Höhlen. Geologische Naturwunder in Deutschland.- 176 S., sehr
viele farb. Abb. und Karten, [primus Verlag] Darmstadt.
LORENZ, J. mit Beiträgen von M. OKRUSCH, G. GEYER, J. JUNG, G.
HIMMELSBACH & C. DIETL (2010): Spessartsteine.
Spessartin, Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende
Geologie und Mineralogie des Spessarts. Geographische,
geologische, petrographische, mineralogische und bergbaukundliche
Einsichten in ein deutsches Mittelgebirge.- s. S. 462ff.
LORENZ, J. (2020): Pegmatite – Quell für seltene Mineralien.-
NOBLE Magazin Aschaffenburg, Ausgabe Herbst/Winter 2020, S. 58 -
60, 10 Abb., [Media-Line@Service] Aschaffenburg.
NAU, Hofrath (1809): X. Untersuchung des faserigen Cyanits aus der
Gegend von Aschaffenburg.- Annalen der Wetterauischen Gesellschaft
für die gesammte Naturkunde 1, 1. Heft, S. 86 - 88, ohne
Abb., [Friedrich Wilmans] Frankfurt a. Main.
OKRUSCH, M., GEYER, G. & LORENZ, J. (2011): Spessart. Geologische Entwicklung und
Struktur, Gesteine und Minerale.- 2. Aufl., Sammlung Geologischer
Führer Band 106, VIII, 368 Seiten, 103 größtenteils
farbige Abbildungen, 2 farbige geologische Karten (43 x 30 cm)
[Gebrüder Borntraeger] Stuttgart.
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